Vorlage - 2007/002
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- Die rechtliche Grundlage des § 13 SGB VIII und das Verhältnis zu anderen Rechtsnormen
Jungen Menschen, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf Unterstützung angewiesen sind, sollen im Rahmen der Jugendhilfe sozialpädagogische Hilfen angeboten werden, die ihre schulische und berufliche Ausbildung, Eingliederung in die Arbeitswelt und ihre soziale Integration fördern (§ 13 SGB VIII).
Die Vorschrift § 13 SGB VIII definiert mit der Jugendsozialarbeit ein Angebot der Jugendhilfe, das gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 den Leistungen zuzurechnen ist. Diese haben nach § 10 Abs. 3 und 4 Vorrang vor Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII. Ausgenommen davon sind Leistungen für körperlich oder geistig behinderte junge Menschen sowie Leistungen nach § 3 Abs. 2 (Vermittlung in Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben) und §§ 14 bis 16 SGB II (Leistungen zur Eingliederung in Arbeit). Zu beachten ist aber, dass ein Konkurrenzproblem erst auftauchen kann, wenn beide Leistungen zweckgleich sind. Diese Leistungskongruenz ist gegeben bei einem Großteil der beruflichen Integrationshilfen nach § 13 für junge Menschen, die nach dem SGB II leistungsberechtigt sind. Das sind junge Menschen zwischen 15 und 25 Jahren, die Arbeit suchen, erwerbsfähig und zugleich (materiell) hilfebedürftig sind (ausgenommen z.B. stationär länger als 6 Monate untergebrachte junge Menschen).
Sozialpädagogische Hilfen zur Förderung der beruflichen Eingliederung und zur Eingliederung in die Arbeitswelt (Jugendberufshilfe) sind zunächst beispielsweise Maßnahmen im Übergangsbereich von Familie, Schule und Beruf. Sie dienen der Berufsorientierung und –findung, der motivationalen Unterstützung und der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen, sowie der Verbesserung der bildungsmäßigen Voraussetzungen im Vorfeld einer beruflichen Ausbildung.
Bei der Jugendwerkstatt handelt es sich dementsprechend um eine Maßnahme der Jugendsozialarbeit. Die „Soll-Vorschrift“ des § 13 KJHG beinhaltet ein „muss“ hinsichtlich der Frage, ob entsprechende Maßnahmen überhaupt durchzuführen sind, lässt es aber frei, wie die Durchführung erfolgt (Dauer, Zielgruppe, Ressourceneinsatz, u.a.).
Der Landkreis Peine als Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat nach § 79 Abs. 1 SGB VIII für die Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB VIII die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung. Für die Aufgabenwahrnehmung errichtet der örtliche Träger der Jugendhilfe ein Jugendamt. Dementsprechend ist die Zuständigkeit für § 13 SGB VIII und damit für die Jugendberufshilfe (z.B. in Jugendwerkstätten) durch den Fachdienst Jugendamt (FD 34) gegeben.
- Finanzierungsgrundlagen
Die Finanzierung von Jugendwerkstätten entspricht in der Regel einem 5-Säulen-Modell, wobei die Säulen entsprechend dem jeweiligen Finanzierungsanteil natürlich unterschiedlich hoch sein können. Hier sind sie die der Einfachheit halber einheitlich dargestellt:
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Entscheidend ist für die Kooperation der beteiligten Institutionen, dass sie nicht entsprechend ihres jeweiligen Finanzierungsanteiles die inhaltliche und fachliche Ausgestaltung des Angebotes (siehe zu 3.) bestimmen, sondern gemeinsam vertragliche Regelungen miteinander aushandeln, die zu passgenauen Hilfen für die Zielgruppe in der Verantwortung der Jugendhilfe führen. Die Frage, sie sich für diesen Aushandlungsprozess natürlich ergibt ist, wie hoch jede Säule sein soll und wie sie möglicherweise insgesamt verändert werden müssen? Hier bietet es sich an, dass Modell zielführend als Zahnradmodell zu verstehen, in dem nach dem Aushandlungsprozess klar ist, dass alle Zahnräder für das Gelingen insgesamt ineinander greifen müssen, damit Bewegung möglich ist.
2.1Landesmittel
Nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zu den Ausgaben von Jugendwerkstätten im Rahmen der Jugendsozialarbeit (RdErl. d. MFAS v. 09.05.2001 - 303-51 742/6 – (Nds. Mbl. 21/2001 S.448) in der Fassung der Berichtigung (Nds. Mbl. 28/2001 S. 649) gewährt das Land über die Verantwortung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe hinaus nach Maßgabe dieser Richtlinie und der VV-GK zu §44 LHO mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und des Landes Niedersachsen Zuwendungen zu den Aufwendungen für die Arbeit der Jugendwerkstätten, um individuell beeinträchtigten jungen Menschen durch berufliche und soziale Qualifizierungsangebote eine Integration in Ausbildung und Beruf zu ermöglichen.
Die ESF-Förderperiode ist zum 31.12.2006 ausgelaufen und wird für die Zeit von 2007 bis 2013 neu geregelt. Voraussichtlich erst Anfang 2007 werden die neuen Förderrichtlinien zur Verfügung stehen, die dann eine Gültigkeit vom 01.07.2007 bis vermutlich 31.12.2013 haben werden. Das erste Halbjahr 2007 gilt als Übergangszeitraum, in dem die Finanzierung sichergestellt ist.
2.2Kommunale Mittel
Das Land fördert nur, wenn auch kommunale Mittel eingebracht werden. Dies hat der Landkreis Peine bisher im Rahmen von Kreiszuschüssen und ab 01.01.2004 auf der Grundlage kommunaler Förderrichtlinien getan, die noch bis zum 31.12.2008 Gültigkeit haben.
2.3TeilnehmerInnenbezogene Mittel über SGB II
FD 33 strebt eine Umstellung der TeilnehmerInnenfinanzierung auf Basis von MAE hin zu einem Qualifizierungsangebot an. Grundlage dafür soll ein auf den Bedarf ausgerichtetes Angebot sein, dass die Vermittlungshemmnisse in den Vordergrund stellt und sich an den aktuellen Trends in der Ausbildungslandschaft orientiert. Eine ständige Marktbeobachtung und veränderte inhaltliche Ausgestaltung des Angebotes ist dafür unerlässlich. Dafür sollen alle zu beteiligenden Akteure in den Entwicklungsprozess für die individuellen passgenauen Hilfen einbezogen werden.
2.4.Trägereigenmittel
Die Träger von Jugendwerkstattangeboten als Angebote der Jugendberufshilfe bringen in die Gesamtfinanzierung Eigenmittel mit ein, die transparent in der Leistungsbeschreibung beschrieben werden müssen.
2.5.erwirtschaftete Mittel
Erwirtschaftete Mittel aus dem „Werkstattbetrieb“ sind zur Sicherstellung der Gesamtfinanzierung des Angebotes mit einzubringen.
- Inhaltlich/fachliche Ausgestaltung des Jugendwerkstattangebotes
Von besonderer Bedeutung ist, dass für die Umsetzung des § 13 SGB VIII die Jugendhilfe als öffentlicher Jugendhilfeträger gemeinsam mit freien Jugendhilfeträgern agiert und das Jugendwerkstattangebot dementsprechend ein Leistungsangebot der Jugendhilfe ist, dass durch die Leistungserbringer nach SGB II und SGB III in Anspruch genommen wird. Damit wird deutlich, dass sich zwar die inhaltliche und fachliche Ausgestaltung des Angebotes an den Bedürfnissen aller Akteure orientieren muss, letztlich aber der öffentliche Jugendhilfeträger immer die Gesamtverantwortung für die Sicherstellung des Angebotes als solches trägt (dazu § 79 SGB VIII).
Entscheidend ist insofern neben dem aktuellen (Ausbildung-) Bedarf und dem individuellen Leistungsvermögen der Zielgruppe auch die Flexibilität der Leistungserbringer, die in einem entsprechenden Angebot deutlich werden muss.
Die Leistungsbeschreibungen müssen dementsprechend darüber Auskunft geben, wie Leistungserbringer selbst die Zielsetzungen für die individuellen Bedürfnisse der Zielgruppe beschreiben und umsetzen wollen und welche Angebote dafür zweckentsprechend eingerichtet sind oder werden sollen bzw. auf veränderte Rahmenbedingungen (andere Qualifikationen der Zielgruppe, Marktorientierung) wie reagiert werden kann.
Bei all dem ist immer mit darzustellen, wie das Oberziel der Förderung der schulischen und beruflichen Ausbildung, Eingliederung in die Arbeitswelt und soziale Integration im Sinne des § 13 SGB VIII erreicht werden soll, damit junge Menschen, zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen die notwendige Unterstützung erhalten. Die sozialpädagogischen Hilfen sind insofern besonders zu beschreiben.
- Praktische Umsetzung
Die dargestellte Gesamtverantwortung des öffentlichen Jugendhilfeträgers muss auch in der praktischen Umsetzung deutlich werden. Hier ist der Hilfeplanprozess des § 36 SGB VIII von besonderer Bedeutung.
Die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 SGB II könnte insofern als Teil der Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII angesehen werden. Wenn also im Einzelfall eine Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahme als Kernbereich eines Hilfeplanprozesses verstanden wird, muss dementsprechend die Eingliederungsvereinbarung auch Bestandteil dieses Prozesses nach dem SGB VIII sein.
Für die Umsetzung sind folgende Aussagen entsprechend dieser Positionierung von Bedeutung:
Unterscheidung zwischen inhaltlicher Angebotsstruktur und Finanzierung
Sowohl die inhaltliche Ausgestaltung der Angebote in Jugendwerkstätten, also auch das jeweilige Finanzierungsmodell haben im Ergebnis wirtschaftliche Effekte
Alle „Finanzgeber“ müssen ihre Ziele definieren
Alle „Finanzgeber“ müssen von der Gesamtstruktur profitieren (Erreichen der jeweiligen Ergebnisziele)
Das „Säulenmodell“ birgt viele Möglichkeiten für alle Beteiligten in sich, um eine aktive Öffentlichkeit mit dem jeweiligen Verständnis für Corporate Identity (CI) betreiben zu können
Kooperation / Beauftragung der Jugendwerkstattträger (durch den öffentlichen Jugendhilfeträger) auf Dauer mit einer Kündigungsmöglichkeit von 6 Monaten
Die Jugendberufshilfe nach § 13 SGB VIII ist konkurrenzlos, wenn sie als sozialpädagogische Grundleistung verstanden wird
Die durch den Gesetzgeber gewollte Leistungskonkurrenz mit der „gewollten“ Nachrangigkeit (siehe zu 1.) muss vor Ort zu einer Kooperation führen