Vorlage - 2009/114
|
|
Der Kreisausschuss beschließt die überplanmäßige Einrichtung einer Vollzeitstelle nach EGr. 9 TvÖD in der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche.
Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) ist ein Bundesgesetz betreffend die Neuregelung des gerichtlichen Verfahrens in Familiensachen. Es wurde verkündet als Artikel 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz – FGG-RG) und wird am 1. September 2009 in Kraft treten.
Dadurch wird – auch unter Beachtung des § 8 a SGB VIII – das Ziel deutlich, im Rahmen der Kooperation von Jugendamt und Familiengericht die Bildung einer Verantwortungsgemeinschaft anzustreben, damit ein gefährdetes Kind nicht schutzlos bleibt. Die Weiterentwicklung in den §§ 1666, 1666 a BGB bei Gefährdung des Kindeswohls u. a. durch die Neufassung der Eingriffsvoraussetzungen, die Konkretisierung der Rechtsfolgen sowie das verfahrensrechtliche Beschleunigungsgebot trage dem Rechnung.
Das bedeutet eine Mehrbelastung der Gerichte und einen erheblichen Koordinierungsaufwand. Jugendamt und Richter/innen müssen nun eine gemeinsame Linie finden. In der Konsequenz gehe es (§ 50 e Abs. 1, 2, 3 und 4 FGG) um eine Verantwortungsverschränkung und um den Vorrang und Beschleunigung der Verfahren. Aus der Verpflichtung des Gerichts, im Verfahren das Jugendamt anzuhören, ergibt sich die Pflicht für das Jugendamt, an dem festgesetzten Termin teilzunehmen. Es muss sich beteiligen und unbedingt die Teilnahme – auch durch eine Vertretung – sicherstellen. Die Reform des Familienverfahrensrechts betrifft u.a. Verfahren in Familiensachen (§§ 111 – 270 FamFG), wie Kindschaftssachen (§§ 151 – 168a), Adoptionssachen, Gewaltschutzsachen und Unterhaltssachen. Die Beteiligung des Jugendamtes (§ 162 FamFG) nimmt generell Bezug auf „alle Verfahren, die die Person des Kindes betreffen“. Aus der Pflicht des Gerichts zur Anhörung des Jugendamtes folgt der Auftrag, die Entscheidung dem Jugendamt bekanntzumachen.
Konkret entsteht der hohe Mehraufwand an Personal besonders unter Berücksichtigung des §155 FamFG. Dieser verpflichtet die Jugendhilfe, im Rahmen der Mitwirkung in den Verfahren der Familiengerichte persönlich zum ersten Gerichtstermin zu erscheinen. In 2008 hat es 91 Fälle von Mitwirkung gegeben, ca. 20% der Fälle wurden am Familiengericht Braunschweig verhandelt. Die Anzahl familiengerichtlicher Verfahren ist weiter ansteigend. Pro Gerichtsfall ist ein zeitlicher Aufwand von vier Stunden für den ersten Anhörungstermin zu veranschlagen (inkl. Vor- und Nachbereitung; für die Braunschweiger Fälle muss allein aufgrund der Fahrtzeiten mehr berechnet werden). Im Ergebnis bedeutet diese Gesetzesänderung allein in diesem Punkt einen personellen Mehraufwand von mehr als 360 Arbeitsstunden pro Jahr.
Der personelle Mehraufwand für den Bereich „Kooperation“ und vor allem auch “Kommunikation“ wird in den Ausführungsbestimmungen des Landes weiter spezifiziert. Die fachliche Diskussion geht allein für administrative Aufgaben von einem Steigerungspotenzial von 35 bis 40 % pro Vollzeitstelle aus. Ausgehend von den bereits genannten Fallzahlen und unter Bezug auf die aktuelle Personalausstattung wäre dadurch ein Mehrbedarf von 2,3 bis2,6 Stellen begründet. Zusammengefasst fehlen derzeit rechnerisch 3,8 bis 4,1 Stellen. Die konkreten Auswirkungen können aber derzeit noch nicht spezifiziert werden. Allerdings dürften diese über dem Bedarf einer Vollzeitstelle liegen.
Belastbare Zahlen zur Einschätzung des zu erwartenden Personalbedarfs standen zum Zeitpunkt der Übertragung der Trennungs- und Scheidungsberatung auf die Beratungsstelle im Jahr 2008 nicht zur Verfügung. Infolge einer umfangreichen Neustrukturierung der Beratungsstelle sind die Anmeldezahlen insgesamt um knapp 25% angestiegen. Dieser Trend hat sich als stabil erwiesen.
Eine zusätzliche Vollzeitstelle ist akut einzurichten, um dem neuen FamFG begegnen zu können.
Kosten:
Durch Beschluss gemäß vorstehendem Beschlussvorschlag entstehen Kosten in Höhe von jährlich 57.600 € (nach KGSt).
Finanzziel für den Finanzplanzeitraum bis 2011 (Fehlbedarfsreduzierung auf 50 Mio. Euro; Kreistagsbeschluss vom 05.03.2008, Vorlage-Nr. 33/2008):
Ein Beschluss gemäß vorstehendem Beschlussvorschlag erschwert das Erreichen des genannten Finanzziels.