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Vorlage - 2017/037  

Betreff: Antrags-, Auskunfts- und Akteneinsichtsrecht der Kreistagsabgeordneten
Status:öffentlichVorlage-Art:Informationsvorlage
Federführend:Referat für Landrat, Kreistag und Öffentlichkeitsarbeit Bearbeiter/-in: Scholz, Imme
Beratungsfolge:
Kreistag des Landkreises Peine
29.03.2017 
Kreistag des Landkreises Peine zur Kenntnis genommen   
Kreisausschuss

Sachverhalt
Anlage/n

 

Mitunter werden innerhalb der Kreisverwaltung offene Fragestellungen registriert, die sich auf eine Auslegung des Antrags-, Auskunfts- und Akteneinsichtsrechts der Kreistagsabgeordneten beziehen.

Diese Informationsvorlage soll dazu dienen, die Sach- und Rechtslage etwas dezidierter darzustellen und Hinweise für die praktische Vorgehensweise zu geben.

Für alle Bereiche der Vorlage gleichermaßen gilt dabei eine Verpflichtung der Organe zur gegenseitigen Rücksichtnahme. Diese verlangt von den Kreistagsabgeordneten (Organ Kreistag), auf den Erhalt der Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Verwaltung (Organ Landrat) Rücksicht zu nehmen.

Vor diesem Hintergrund sei bereits eingangs darauf hingewiesen, dass kommunalverfassungsgesetzlicher Rechtsprechung zufolge Informationen nur soweit verlangt werden können, wie sie der Verwaltung vorliegen bzw. wie sie sich diese mit zumutbarem Aufwand beschaffen kann. Der verwaltungsinterne Abstimmungs- und Koordinierungsbedarf soll sich möglichst so auf ein Maß beschränken, dass die Sicherstellung einer effizienten Verwaltungsdienstleistung nicht beeinträchtigt wird.  

Ab wann dabei ein Verwaltungsaufwand als unzumutbar anzusehen ist, lässt sich an dieser Stelle nicht abschließend beantworten, sondern bedarf der wertenden Betrachtung im Einzelfall. Dabei wären nicht nur der politische Stellenwert der Problematik und das objektive Informationsinteresse des Kreistagsabgeordneten einerseits, sondern auch die der Verwaltung im individuellen Einzelfall zur Verfügung stehenden Möglichkeiten andererseits zu betrachten.

 

Das Antrags- und Auskunftsrecht der Kreistagsabgeordneten ist in § 56 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) wie folgt geregelt:

 

§ 56

Jedes Mitglied der Vertretung hat das Recht, in der Vertretung und in den Ausschüssen, denen es angehört, Anträge zu stellen; die Unterstützung durch andere Mitglieder der Vertretung ist dazu nicht erforderlich. Zur eigenen Unterrichtung kann jede oder jeder Abgeordnete von der Hauptverwaltungsbeamtin oder dem Hauptverwaltungsbeamten Auskünfte in allen Angelegenheiten der Kommune verlangen; dies gilt nicht für Angelegenheiten, die der Geheimhaltung unterliegen.

 

Die Regelung normiert in Satz 1 ein eigenständiges Recht eines/r jeden einzelnen Kreistagsabgeordneten zur Antragstellung, das sich auf den Kreistag sowie alle seine Ausschüsse einschließlich des Kreisausschusses bezieht. Voraussetzung jedoch ist, dass der/die den Antrag stellende Kreistagsabgeordnete auch dem jeweiligen Gremium angehört.

 

Antragsberechtigt sind auch die Inhaber/innen der Grundmandate, da sie ebenfalls Mitglieder der Ausschüsse sind und ihnen lediglich das Stimmrecht fehlt.

 

Das im § 56 NKomVG geregelte Antragsrecht schließt mit ein, dass die Aufnahme eines betreffenden Gegenstands in die Tagesordnung verlangt werden kann.

 

In der Praxis regelt § 7 unserer Geschäftsordnung, dass Anträge zur Berücksichtigung eines Tagesordnungspunktes schriftlich mindestens 14 Tage vor der Sitzung an den Landrat zu richten sind.

 

Die Geschäftsordnung sieht gemäß § 7 Abs. II weiterhin vor, dass der Antrag – fristgerechten Eingang vorausgesetzt - zunächst in jedem Falle auf der Tagesordnung der folgenden Kreistagssitzung berücksichtigt wird, hilfsweise im Kreisausschuss.

Hier würde entschieden werden, in welchen Fachausschuss der Antrag zur weiteren Beratung gelangt.

Die Vergangenheit zeigt, dass ein solches geschäftsordnungsmäßiges Vorgehen wenig praktikabel ist.

Es ist zu überlegen, die Geschäftsordnung dahingehend zu ändern, dass Anträge vom Landrat direkt dem zuständigen Fachausschuss zur Beratung weitergeleitet werden. Sofern aus Sicht der jeweiligen Antragsteller hiervon abgewichen werden soll, besteht im Wege des Antragstellungsverfahrens in jedem Falle die Möglichkeit, hierauf individuell hinzuweisen. Hilfreich ist es insoweit, in der Geschäftsordnung zu verankern, dass bei einer Antragstellung die gewünschte Beratungsfolge erwähnt wird.

Bei einem solchen Verfahren entsteht der Vorteil, dass Anträge zeitnäher in den sachbezogenen Beratungsablauf gelangen, da sie in aller Regel ohnehin durch die Fachausschüsse vorbereitend beraten werden.

 

Hier eingegangene Anträge werden allen Fraktionen und Einzelmandataren zur Kenntnis übersandt.

 

Satz 2 des § 56 NKomVG nominiert das Recht der Kreistagsabgeordneten, Auskünfte in allen Angelegenheiten des Landkreises vom Landrat zu verlangen, soweit diese nicht der Geheimhaltung unterliegen.

 

Zwingende Voraussetzung ist, dass mit der Anfrage ein Zusammenhang mit der Mandatsausübung besteht, eine Auskunft also gerade in der Eigenschaft als Kreistagsabgeordneter begehrt wird und nicht rein private Interessen verfolgt werden.

 

Auf einen Zusammenhang mit aktuellen Beratungsgegenständen in den Gremien kommt es dem gegenüber nicht an, denn der Auskunftsanspruch bezieht sich auf alle Angelegenheiten des Landkreises.

 

Die Auskunftspflicht des Landrates beschränkt sich dabei auf die ihm vorliegenden und zugänglichen Informationen. Ein Anspruch auf Vorlage von Unterlagen besteht hingegen nicht, da den einzelnen Kreistagsabgeordneten an dieser Stelle kein Akteneinsichtsrecht eingeräumt wird. Hierzu wird diese Vorlage später informieren.

 

„Anspruchsgegner“ ist der rechtlichen Norm zufolge der Landrat. Anfragen sollen deshalb in aller Regel zunächst an das Referat für Landrat, Kreistag und Öffentlichkeitsarbeit gerichtet werden. Von dort kann der Bearbeitungsweg so koordiniert werden, dass eine Beantwortung der Anfrage so zeitnah wie möglich erfolgt. Sofern Anfragen direkt bei den Fachdiensten bzw. den Mitarbeitern/innen eingehen, sind diese gehalten, zunächst das Referat für Landrat, Kreistag und Öffentlichkeitsarbeit hierüber zu informieren. Reibungsverluste könnten somit vermieden werden, wenn die Anfragen direkt an die dem Landrat zugeordnete Stabsstelle gerichtet werden. Für einen geordneten Bearbeitungsablauf hat es sich als praktikabel erweisen, wenn Anfragen schriftlich bzw. per E-Mail erfolgen. Hiervon sollte in möglichst allen Fällen Gebrauch gemacht werden.

 

Anfragen werden nach Eingang zunächst nicht den Fraktionen und Einzelmandataren zur Kenntnis übersandt. Diese erhalten Information über die Anfrage, indem sie diese gemeinsam mit der Beantwortung zur Kenntnisnahme erhalten.   

 

Um die Funktionsfähigkeit des Kreistags und seiner Ausschüsse zu stärken, sieht die Kommunalverfassung in § 57 NKomVG die Bildung von Fraktionen und Gruppen vor. Hierdurch sollen Bündelungs- und Koordinierungseffekte erzielt werden, die eine effektivere Arbeit von Politik und Verwaltung ermöglichen.

Selbstverständlich bleibt das Recht auf Auskunftserteilung nach § 56 NKomVG ein jedem/r einzelnen Kreistagsabgeordneten zustehendes individuelles Recht. Um eine größtmögliche Praktikabilität zu gewährleisten, wird jedoch den in Fraktionen bzw. Gruppen zusammengeschlossenen Kreistagsmitgliedern empfohlen, den Weg der Antragsstellung oder Auskunftserteilung über ihre Fraktionsbüros bzw. die Fraktionsvorsitzenden zu beschreiten.

 

Die Frage nach einem Akteneinsichtsrecht ist in § 58 IV NKomVG geregelt:

 

§ 58 IV

Die Vertretung überwacht die Durchführung ihrer Beschlüsse sowie den sonstigen Ablauf der Verwaltungsangelegenheiten. Sie kann zu diesem Zweck vom Hauptausschuss und von der Hauptverwaltungsbeamtin oder dem Hauptverwaltungsbeamten die erforderlichen Auskünfte verlangen. Wenn ein Viertel der Mitglieder der Vertretung oder eine Fraktion oder Gruppe dies verlangt, ist einzelnen Abgeordneten Einsicht in die Akten zu gewähren. Diese Rechte gelten nicht für Angelegenheiten, die der Geheimhaltung unterliegen.

 

Um für den/die einzelne(n) Kreistagsabgeordnete(n) ein Akteneinsichtsrecht zu ermöglichen, muss demnach eine der beiden folgenden Voraussetzungen erfüllt werden:

 

  1. Antragstellung von einem Viertel der Kreistagsabgeordneten, d.h. mindestens 13 KTA oder
  2. Antragstellung durch eine Fraktion oder Gruppe.

 

Die Akteneinsicht erfolgt in aller Regel in den hiesigen Diensträumen. Ein Rechtsanspruch auf Aushändigung oder Übersendung von Akten ergibt sich aus dem zitierten Akteneinsichtsrecht nicht. Auch eine Fertigung von Kopien geht über eine Einsichtnahme in die Akten hinaus und kann deshalb nicht vom Grunde her eingefordert werden.

 

Abschließend sei angemerkt, dass es beabsichtigt ist, im August des Jahres das neue Kreistagsinformationssystem ALLRIS in den Echtbetrieb zu nehmen. Hiermit dürften auch Veränderungen bei den internen Abläufen im Sitzungsdienst einhergehen, die möglicherweise auch Auswirkungen auf die Kommunikationswege mit den Mitgliedern der Gremien haben werden. Entsprechende Informationen werden zugesichert, Schulungstermine sind – wie bereits in der Sitzung des Kreisausschusses vom 15. Februar 2017 angekündigt – in Vorbereitung.