Vorlage - 2016/039
|
|
- Der Landkreis Peine begrüßt die Stärkung der regionalen Zusammenarbeit. Vor diesem Hintergrund werden gegenüber einer Erweiterung des Aufgabenspektrums des ZGB vom Grundsatz her keine Einwendungen erhoben. Leitendes Motiv jeder einzelnen Aufgabenübertragung muss der Anspruch des Bürgers und der Bürgerin auf effektiven und effizienten Verwaltungsservice sein. Der Aufgabenzuwachs des ZGB muss einen Mehrwert erzeugen. Dies ist nur dann der Fall, wenn die neue Zuständigkeit eine regionale Steuerung erfordert. Die Summe der nach Gesetzentwurf zu übertragenen Aufgaben hält der Landkreis Peine deshalb für zu hoch; es droht eine Schwächung der Landkreisebene mit nicht steuerbaren Sogwirkungen sowie ein unverhältnismäßiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Kooperationsfreiheit.
- Der Landkreis Peine lehnt die geplante Direktwahl der Mitglieder der Verbandsversammlung des ZGB mit Hinweis auf die erheblichen Verwerfungen für die Kommunalstrukturen in ganz Niedersachsen, die aus einer dritten direkt gewählten Ebene oberhalb der Landkreisebene folgen würden, ab.
- Sehr kritisch wertet der Landkreis Peine die Finanzierungsregelungen, mit denen faktischer Druck auf weitere Aufgabenübertragungen zugunsten des Zweckverbandes und zu Lasten von Landkreisen, die weitere Aufgaben nicht auf den ZGB übertragen wollen, ausgeübt würde.
Die Landtagsfraktionen der SPD, von Bündnis 90/Die Grünen und der FDP haben ein Gesetz zur institutionellen Stärkung und Weiterentwicklung des Zweckverbandes „Großraum Braunschweig“ (ZGB) in den Niedersächsischen Landtag eingebracht (LTDrs. 17/5290).
Durch den Gesetzentwurf soll der ZGB weiterentwickelt werden zu einem „Regionalverband Großraum Braunschweig“. Mitglieder dieses Regionalverbandes sollen die kreisfreien Städte Braunschweig, Salzgitter und Wolfsburg sowie die Landkreise Gifhorn, Goslar, Helmstedt, Peine und Wolfenbüttel aufgrund gesetzlicher Mitgliedschaft werden.
Ferner werden die Aufgaben des Regionalverbandes erheblich erweitert: Neben der Trägerschaft der Regionalplanung und der Aufgabenträgerschaft des öffentlichen Nahverkehrsbereichs sollen durch einen neuen § 2 Abs. 3 sieben neue Aufgaben übertragen werden, es handelt sich im Einzelnen um:
- Aufstellung eines Verkehrsentwicklungsplans (Gesamtmobilität),
- Koordinierung des Angebots regional bedeutsamer Gewerbegebiete sowie Entwicklung und Vermarktung einzelner solcher Gewerbegebiete,
- Bereitstellung, Analyse und Bewertung von Daten zur Strukturentwicklung (planmäßige Raumbeobachtung),
- Koordinierung eines ausgeglichenen Standort- und Bildungsangebots berufsbildender Schulen,
- Erstellung touristischer Konzepte sowie Trägerschaft touristischer Großprojekte,
- werbende, identitätsstiftende und ähnliche Maßnahmen (Regionalmarketing),
- Aufstellung eines Hochwasserschutzplans (Gesamtplan).
Weitere Aufgabenübertragungen sind möglich.
Auch § 3 zu den Organen des Regionalverbandes erhält einige Änderungen. So soll künftig dem Verbandsvorsitzenden die repräsentative Vertretung des Regionalverbandes obliegen. Es soll (§ 5 b) ein Verbandsrat gebildet werden, dem die Hauptverwaltungsbeamten mit Stimmrecht angehören. Der Verbandsrat kann eine eigene Empfehlung abgeben; diese ist aber nicht bindend, sondern von dieser Empfehlung darf die Verbandsversammlung mit der Mehrheit der Stimmen ihrer gesetzlichen Mitglieder abweichen (§ 5 b Abs. 4 Satz 3 neu).
Ferner soll es eine neue Umlageregelung in § 9 Abs. 2 geben: Danach wird dann, wenn der Regionalverband Aufgaben nicht für alle Verbandsmitglieder wahrnimmt, die Verbandsumlage so ausgestaltet, dass Verbandsmitglieder, deren kommunale Aufgaben der Regionalverband erfüllt, nicht mehr als 90 Prozent des dem Regionalverband durch die zusätzlichen Aufgaben entstehenden Kosten tragen. Mit einer solchen Regelung könnten letztlich einzelne Mitglieder durch eine Aufgabenübertragung die Solidargemeinschaft belasten. Dies erscheint nicht nur von der Motivation her fragwürdig, sondern auch verfassungsrechtlich bedenklich. Die Argumentation des MI, eine solche Regelung würde in § 166 Abs. 3 Satz 4 und 5 NKomVG für die Jugendhilfeumlage der Region Hannover bereits bestehen, vernachlässigt, dass es sich bei der Region um einen einheitlichen Gemeindeverband und um Finanzbeziehungen innerhalb einer Gebietskörperschaft handelt.
In Art. 2 wird die Besoldung der Verbandsspitze des künftigen Regionalverbandes erhöht. Ferner wird durch einen Art. 3 die unmittelbare Wahl der Mitglieder der Verbandsversammlung zu der am 1. November 2021 beginnenden Wahlperiode eingeführt.
Der vorliegende Gesetzesentwurf bedeutet die Vorstufe für eine überdimensionierte verfasste Großregion unter Auflösung der Landkreise. Ein solches Konstrukt widerspricht den Grundsätzen der kommunalen Selbstverwaltung und ist daher abzulehnen. Dieses hat der Kreisausschuss bereits in seiner Sitzung vom 16. März 2016 einstimmig festgestellt und ihm Rahmen einer Stellungnahme an den NLT so übermitteln lassen.
Unstreitig bedarf der Raum Braunschweig einer regionalen Neuordnung. Hier sei insbesondere auf den Landkreis Helmstedt verwiesen, dessen Bemühungen um eine Fusion mit der Stadt Wolfsburg seit Jahren nicht vorankommen. Angesichts dessen macht es keinen Sinn, vor der Lösung grundsätzlicher Fragestellungen im Raum Braunschweig mit dem Detailproblem ZGB zu beginnen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht hinnehmbar hier zunächst den zweiten Schritt vor dem ersten zu tun. Hinzu kommt, dass die Dienstleistung des ZGB bezüglich seiner beiden Aufgabenbereiche zumindest aus Sicht des Landkreises Peine vorsichtig ausgedrückt verbesserungsbedürftig ist. Angesichts dessen ist es nur schwer hinnehmbar, wenn nun noch weitere Zuständigkeiten auf den ZGB übertragen werden sollen. Sofern dies erfolgt, darf es sich hierbei nur um Aufgaben handeln, bei denen auch gewährleistet ist, dass sie im Rahmen einer regionalen Wahrnehmung aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger eine bessere Erfüllung erfahren. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass erst kürzlich die Ämter für regionale Landesentwicklung ins Leben gerufen wurden. Darüber hinaus sind die Projektregion Braunschweig sowie die Metropolregion Hannover/ Braunschweig/ Göttingen/ Wolfsburg regional tätig. Dies führt letztlich dazu, dass für den normalen Bürger die Situation kaum noch überschaubar ist. Insofern kann es nicht hingenommen werden, dass die Mitglieder der Verbandsversammlung künftig direkt gewählt werden. Eine solche Direktwahl würde natürlich das Selbstverständnis des ZGB stärken und dazu führen, dass die umliegenden Landkreise in die Defensive gedrängt werden. Man hätte bis zu einer endgültigen regionalen Neuordnung permanent sich mit der Frage auseinander zu setzen, ob eine bestimmte Aufgabe nicht besser beim Regionalverband aufgehoben wäre. Dies würde die vor Ort tätigen Landkreise erheblich unter Druck setzen. Darüber hinaus müssten sie die dann bereits übertragenen Zuständigkeiten des ZGB auch noch bezahlen, ohne dass sie aufgrund der Meinungsfreiheit der Mitglieder der Verbandsversammlung die Möglichkeit der Einflussnahme hätten.