Vorlage - 2016/017
|
|
In Deutschland erleiden ca. 75.000 Menschen jährlich einen Kreislaufstillstand außerhalb eines Krankenhauses. Dabei treten ohne Herz-Lungen-Wiederbelebung nach ca. 3 Minuten irreversible Hirnschäden ein. Lediglich ca. 5.000 Menschen überleben ohne schwere neurologische Schäden.
Nach aktueller Datenlage leisten bundesweit nur in knapp 27% Ersthelfer bei einem Notfall Hilfe.
Die gesetzliche Hilfsfrist, in der in 95% der Notfälle der Rettungsdienst (mit „geeignetem Rettungsmittel“, sprich Rettungswagen oder notarztbesetztes Rettungsmittel) die Einsatzstelle erreicht haben muss, liegt in Niedersachsen bei 15 Minuten (Quote im Landkreis Peine im Jahr 2015: 96,38%). Die Hilfsfrist trägt in keinster Weise medizinischen Notwendigkeiten im lebensbedrohlichen Notfall Rechnung. Eine Initiative, die gesetzliche Hilfsfrist zu verkürzen, ist zuletzt im Jahr 2014 aus wirtschaftlichen Gründen gescheitert.
Die aktuellen, am 15.10.2015 veröffentlichten, „Leitlinien zur Wiederbelebung“ des Deutschen Beirates zur Wiederbelebung betonen explizit, dass bessere Überlebensraten nach einem Kreislaufstillstand nahezu ausschließlich durch frühzeitige Basis-Reanimation durch Ersthelfer zu erreichen sind. Explizit werden die „intelligente Alarmierung von Ersthelfern“ und die „Unterstützung jeglicher Technologien, die zur schnelleren Wiederbelebung und Defibrillation führen“ dringend empfohlen.
Bisherige sog. „First Responder“-Systeme, angesiedelt z. B. bei freiwilligen Feuerwehren, sind nur vereinzelt vorhanden, heterogen hinsichtlich Ausbildung, Ausrüstung und Konzeption gestaltet und im Landkreis Peine im Wesentlichen nicht mit dem Träger des Rettungsdienstes abgestimmt.
Flächendeckende Verbesserungen ließen sich im Rahmen von Studien entweder z. B. im Großraum Seattle, USA, mit hohem organisatorischem und finanziellem Aufwand durch massiv gesteigerte Vorhaltung des Rettungsdienstes und genereller Mitalarmierung von Löschfahrzeugen der Berufsfeuerwehr zu potenziellen Kreislaufstillständen erreichen – hier wurden Überlebensraten von bis zu 70% dokumentiert – oder aber durch smartphonebasierte Alarmierung organisierter Ersthelfer in unmittelbarer Nähe der Einsatzstelle (z. B. Projekte in Schweden, den Niederlanden, Schweiz, USA, Israel und „Mobile Retter“ in Gütersloh und mittlerweile anderen Bereichen in Deutschland).
Die erreichten Zahlen letzterer können sich ebenfalls sehen lassen (z. B. Steigerung der Ersthelfer-Reanimation auf bis zu >80%), auch wenn statistisch valide Aussagen zu Überlebensratensteigerungen noch nicht verfügbar sind.
Das System „Mobile Retter“ (vgl. Anlage) basiert auf dem Prinzip der (automatischen) Alarmierung von durch Profession und/oder Ausbildung durch den entsprechenden Verein qualifizierten und durch den Arztlichen Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) akkreditierten Ersthelfern in der Nähe des Notfallortes, wenn durch die IRLS das Alarmstichwort „Bewusstlose Person“ oder „Reanimation“ gewählt wurde. Diese erfolgt über eine „App“ auf dem Smartphone des ehrenamtlichen Helfers nach zuvor festgelegten Kriterien (maximale Eintreffzeit, Zahl der zu alarmierenden Helfer).
Dieses System scheint zur Erreichung des Ziels einer möglichst frühen, qualitativ hochwertigen Basisreanimation durch Ersthelfer sehr gut geeignet. Auch die Bundeshauptstadt Berlin plant nach jüngsten Informationen die Einführung des Systems.
Die Hilfsfrist bleibt durch die Mobilen Retter unberührt, da sie nur durch ein „geeignetes Rettungsmittel“ erfüllt werden kann. Auch eine Konkurrenz zum Rettungsdienst oder bestehenden „First Resonder“-Gruppen ist nicht zu befürchten. Vielmehr besteht in den Bereichen, wo das System bereits etabliert ist, Personalunion.
Der ÄLRD des Landkreises Peine empfiehlt ausdrücklich die Einführung des Systems „mobile Retter“.
Kosten:
Die Kosten für ein solches Projekt sind durch die Kostenträger des Rettungsdienstes nicht refinanzierbar, da nicht Teil des letzteren.
Die Kosten belaufen sich für das erste und zweite Betriebsjahr auf jeweils auf 29.690,50 €. Ab dem dritten Betriebsjahr entstehen jährliche Kosten in Höhe von 14.280,-- €
Das Angebot bezieht sich auf den gesamten Leitstellenbereich, inkludiert sind also der Landkreis Wolfenbüttel sowie die Stadt Braunschweig. Die Stadt Braunschweig legt derzeit aufgrund des verstädterten Raumes kein gesteigertes Interesse an der Einführung, der Landkreis Wolfenbüttel hat in Person des dortigen ÄLRD Interesse zur Einführung signalisiert, konkrete Einführungspläne bestehen dort bislang aber nicht. Festzustellen bleibt, dass nach hiesiger Einschätzung zumindest die ersten beiden Betriebsjahre vollständig vom Landkreis Peine zu leisten wären. Bei Beteiligung von Leitstellenpartnern wäre eine Aufteilung der Kosten möglich (Verteilungsschlüssel Einwohnerzahl).
Anlagen: | |||||
Nr. | Name | ||||
1 | Mobile Retter - Zusammenfassung (1633 KB) |