Vorlage - 2015/172
|
|
Kostenerstattung nach dem Aufnahmegesetz
Bei der Kostenerstattung für die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern ist eine Einigung zwischen der Landesregierung und den Kommunalen Spitzenverbänden erfolgt. Danach bleibt es bei der bisherigen Pauschalabrechnung auf Basis der Asylbewerberzahlen der Asylbewerberleistungsstatistik des Vor-Vorjahres.
Im Jahr 2015 zahlt das Land eine Pauschale von 6.195,-- € pro Asylbewerber (bezogen auf 2013 und 436 Asylbewerber). Im Jahr 2016 beträgt die Pauschale 9.500,-- € (bezogen auf 2014 und 554 Asylbewerber), ab 2017 dann 10.000,-- € zuzüglich der Tarifsteigerung des TVöD-S (bezogen auf 2015). Diese Pauschale wird bis 2018 jährlich garantiert, in 2019 wird sie neu festgesetzt. Die Zahlung erfolgt künftig am Jahresanfang. Zusätzlich wird jedes Jahr ein Abschlag auf das Folgejahr von 250 Millionen Euro seitens des Landes gezahlt.
Bewertung
Aus kommunaler Sicht kann die vorgesehene Kostenerstattung nicht befriedigen. Zum einen wird beinahe bundesweit eine Erstattung von 1.000,-- € pro Flüchtling und Monat, also 12.000,-- € im Jahr, als begründet angesehen. Darüber hinaus gibt es Berechnungen aus Kommunen sowie Forderungen aus Ländern gegenüber dem Bund, die eine Pauschale von 14.000,-- € bzw. 15.000,-- € für erforderlich ansehen. Denn mit der steigenden Zahl der Flüchtlinge steigen auch die Gesundheitskosten, die Kosten für die soziale Betreuung, die Aufwendungen für die Akquise von Wohnraum, die Unterkunftskosten etc. Zum anderen kommt der Zeitverzug von 2 Jahren hinzu. Dies wird dazu führen, dass der Haushalt des Landkreises Peine in den Jahren 2016 und 2017, allein aufgrund der Kostenerstattung nach dem Aufnahmegesetz, ein erhebliches Defizit ausweisen wird. Es muss allerdings davon ausgegangen werden, dass sich die Lücke zwischen Erträgen und Aufwendungen ab den Jahren 2018/19 wieder schließt. Denn mittelfristig ist davon auszugehen, dass die Zahl der Flüchtlinge im Leistungsbezug – selbst bei fortdauerndem Zuzug – stagniert, weil eine große Anzahl von Personen nach Durchlauf des Verfahrens in die übrigen Sozialsysteme wechselt. Es ist daher geboten, jetzt die richtigen Weichen für Spracherwerb und Arbeit zu stellen.
Integrationsmaßnahmen
Die Politik hat bereits der Aufstockung der Sozialarbeiterstellen in der Stadt und den Gemeinden ab dem 01.12.2015 zugestimmt. Der Einsatz der Kulturdolmetscher (bisher ca. 200 geleistete Stunden) soll ebenso in 2016 fortgesetzt werden wie die Unterstützung der ehrenamtlichen Arbeit in der Stadt und in den Gemeinden mit den bisherigen Pauschalen.
Deutschkurse
Eine ganz zentrale Voraussetzung für die Integration in Arbeit ist der Spracherwerb. Das Land Niedersachsen hat 5 Millionen Euro für Sprachkurse zur Verfügung gestellt. Aufgrund der Verteilung der Fördermittel können im Landkreis Peine 11 Kurse mit 200 Unterrichtsstunden und jeweils mindestens 20 Teilnehmer/innen durchgeführt werden. Die Kurse werden von der KVHS Peine, der Katholischen Erwachsenenbildung (in Kooperation mit der Caritas) und der Ländlichen Erwachsenenbildung veranstaltet. Die Koordination liegt bei der KVHS. Die Kurse beginnen im November und Dezember, einige im 1. Quartal 2016, und müssen bis zum Ende des Jahres 2016 beendet sein. Die Kurse sind für Flüchtlinge aller Herkunftsländer offen.
- Über die Agentur für Arbeit sind ebenfalls berufsbezogene Kurse möglich, sie haben einen Umfang von 220 – 320 Unterrichtsstunden und müssen bis zum 31.12.2015 begonnen haben. Es gilt das Windhundverfahren. Träger stellen die Teilnehmer/innen für einen Kurs zusammen (max. 25) und können nach der Genehmigung durch die Agentur sofort beginnen. Ein Kurs mit einem privaten Träger läuft bereits in Peine, einen weiteren Kurs wird die KVHS durchführen. Der Bedarf scheint für etwa 5 Kurse vorhanden zu sein. Teilnehmen können Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive, d.h. Flüchtlinge aus den Ländern Syrien, Iran, Irak und Eritrea.
- Für anerkannte Asylbewerber gibt es die BAMF-Kurse mit 660 Unterrichtsstunden, an deren Ende in der Regel der Erwerb eines Sprachzertifikats steht. Durchgeführt werden diese Kurse von der KVHS und der Caritas. Mit Inkrafttreten des Asylbewerberbeschleunigungsgesetzes zum 24.10.2015 erhalten Ausländer mit einer guten Bleibeperspektive ebenfalls Zugang zu diesen Integrationskursen. Diese Regelung bezieht sich auf Flüchtlinge aus den Ländern Syrien, Iran, Irak und Eritrea.
- Neben diesen professionalisierten Angeboten gibt es in der Stadt und in den Gemeinden sehr viel ehrenamtlich erteilten Deutschunterricht. Im Detail werden diese kleinen Lerngruppen nicht erfasst. Das Sozialministerium beabsichtigt, diesen ehrenamtlichen Deutschunterricht in 2016 zu fördern; die KVHS wird mit Hilfe dieser Mittel voraussichtlich Module mit 30 Unterrichtsstunden anbieten, um Ehrenamtliche für den Unterricht zu schulen.
SPRINT
An den Berufsbildenden Schulen soll – wahrscheinlich bereits zum 01.12.2015 - ein Sprach- und Integrationsprojekt für schulpflichtige und nicht schulpflichtige Flüchtlinge zwischen 16 und 21 Jahren starten (SPRINT). Es hat zum Ziel, die Teilnehmer/innen möglichst schnell und intensiv mit der deutschen Sprache sowie dem Kultur- und Berufsleben vertraut zu machen. Die Inhalte von SPRINT gliedern sich in 3 Module: Spracherwerb – dieses Modul bildet den Schwerpunkt -, Einführung in die regionale Kultur- und Lebenswelt, Einführung in das Berufs- und Arbeitsleben. Am Ende stehen betriebliche Praktika. Die Lerngruppe soll 9 – 17 Jugendliche umfassen, unterrichtet werden 25 Stunden in der Woche, Förderunterricht ist möglich. Bei Bedarf können die Berufsbildenden Schulen eine weitere Lerngruppe einrichten. Ergänzt sei an dieser Stelle, dass bereits 12 Jugendliche Teilnehmer in den beiden Jugendwerkstätten sind.
Integration in Arbeit
Bei der Agentur für Arbeit können Asylbewerber und geduldete Ausländer für die berufliche Integration Beratungsleistungen nach dem SGB III in Anspruch nehmen. Ferner stehen ihnen Berufsorientierungsmaßnahmen, die Berufseinstiegsbegleitung und die Einstiegsqualifizierung offen. Praktika mit einer Dauer von bis zu drei Monaten, die zur Orientierung für die Aufnahme einer Berufsausbildung dienen, sind möglich. Um Flüchtlingen einen möglichst schnellen und dauerhaften Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen, bietet sich ein gestuftes Verfahren an. Auf eine Hospitation folgt ein Praktikum, ehe eine Einstiegsqualifizierung oder Ausbildung begonnen wird. Die Zeiten der einzelnen Stationen können genutzt werden, um die entsprechenden Zustimmungen bzw. Genehmigungen einzuholen.
Im Jobcenter (SGB II) steht das Volumen an zusätzlichen Leistungsausgaben in Anbetracht der bestehenden Unwägbarkeiten bei der tatsächlichen Entwicklung, der ins SGB II fallenden Asylbewerber noch nicht konkret runtergebrochen auf das Peiner Jobcenter fest. Das BMAS befindet sich noch in der Diskussion mit dem Bundesfinanzierungsministerium. Immerhin hat am 16.11. der Haushaltsausschuss des Bundestages insgesamt folgende Mittel vorgesehen: Arbeitslosengeld +1,3Mrd; KdU-Bundesbeteiligung +400 Mio; Verwaltungskosten +325 Mio.;
Eingliederungsmittel+ 243 Mio. Im Jobcenter des Landkreises Peine wird damit gerechnet, dass die Zahl der Asylbewerber im SGB II-Bezug ab Mitte 2016 spürbar steigen wird.
- Ein möglicher Einstieg in das Arbeitsleben, in jedem Fall eine sinnvolle Überbrückung bis zur Anerkennung als Asylbewerber mit Bleiberecht, stellen die gemeinnützigen Arbeitsgelegenheiten dar. Für die zu leistende Arbeit wird eine Aufwandsentschädigung von 1,05 Euro je Stunde gezahlt. Derzeit sind 26 Flüchtlinge in den Gemeinden, bei Vereinen und Verbänden in Arbeitsgelegenheiten beschäftigt. Die Stadt Peine hat angekündigt, ihr Angebot an Arbeitsgelegenheiten deutlich auszuweiten.
Gesundheit
Bei der ärztlichen Betreuung ist zwischen den Flüchtlingen, die in der Gebläsehalle untergebracht sind und denen, die bereits registriert wurden und beispielsweise im Lehmkuhlenweg wohnen, zu unterscheiden. Die medizinische Betreuung der Flüchtlinge in der Gebläsehalle wird durch das Team der Notärzte unter Leitung von Henrik Voges in Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten Marion und Thomas Renneberg sowie der Kinderärztin des Gesundheitsamtes, Dr. Sabine Meltzow, wahrgenommen. In den Anfangstagen hat zunächst die Praxis Renneberg mit großem Engagement die Akutversorgung der Flüchtlinge allein übernommen, inzwischen teilen sich die niedergelassenen Ilseder Ärzte die Sprechstunden. Mit großem Engagement untersucht Sabine Meltzow von Anfang an die ihr vorgestellten kranken Kinder.
Für die Erstuntersuchung der Flüchtlinge (Blutabnahme, Röntgen etc.) steht das Klinikum Peine zur Verfügung. Die Kosten der Untersuchungen werden von der Landesaufnahmeeinrichtung übernommen.
In der PTC-Halle und im Lehmkuhlenweg bieten Dr. Radtke und Dr. Reineck ehrenamtlich Sprechstunden an. Hier ist der Landkreis Kostenträger, da es sich um bereits registrierte Asylbewerber handelt.
Das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz ermöglicht den Ländern die Einführung einer Gesundheitskarte für Flüchtlinge bei Beibehaltung des beschränkten Leistungsumfangs. Das Land Niedersachsen ist darüber in Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband. Der GKV-Spitzenverband strebt an, die technischen Voraussetzungen für eine elektronische Gesundheitskarte bereits zum 01.01.2016 zu schaffen, so dass es aus heutiger Sicht möglich erscheint, dass im 1. Quartal 2016 die Gesundheitskarte im Landkreis Peine eingeführt wird.