Vorlage - 2008/017
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1.In 2008 wird je eine Schülersolaranlage in der Aueschule Wendeburg und im Silberkamp-Gymnasium in Peine eingerichtet. Die Kosten werden jeweils mit
rd. 12.500 € je Anlage aus dem Klimaschutzfond bezuschusst. Bau und Betrieb
erfolgen durch die Schulen mit Unterstützung durch die Kreisverwaltung.
2.Für die Bezuschussung weiterer Anlagen soll die Verwaltung eine Förderrichtlinie zur
Förderung der Solartechnik an Schulen im Landkreis Peine erarbeiten und entsprechende
Haushaltsmittel für die Haushaltsjahre 2009 ff. vormerken.
Nach eingehender Beratung sind die Grundaussagen der Verwaltungsvorlage („Kommunales nachhaltiges Energiemanagement“ im Landkreis Peine 2007-2011; Dokumentation und konzeptionelle Überlegungen (Masterplan KNEM)) mit Modifikationen fraktionsübergreifend einvernehmlich auf den weiteren Weg zur Umsetzung gegeben worden.
Die Generallinie und Einzelheiten sind im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz (Sitzungen am 04.09.2007 und 06.11.2007) und im Ausschuss für Planen Bauen und Liegenschaften (Sitzung am 11.09.2007und am 07.11.2007) beraten und jeweils einmütig verabschiedet worden.
Nach dem Willen der Kreispolitik soll die Umsetzung der strategischen und operativen Ziele des Masterplans KNEM schnellstmöglich erfolgen.
Daher wird für das Jahr 2008 neben anderen Maßnahmen der Bau und die Inbetriebnahme von zwei Schülersolaranlagen vorgeschlagen.
Die Hauptschule in Vechelde und das Silberkamp-Gymnasium in Peine zeigten sich sehr interessiert und sollen daher in ihrem Engagement besonders unterstützt werden, in dem dort jeweils eine Schülersolaranlage in der Größenordnung 2, KWp (rd. 20 bis 25 qm Solarfläche) mit einen Kostenzuschuss von jeweils 12.500 € bedacht werden.
Für die folgenden Jahre sollen Bezuschussung und Förderung entsprechender Projekte und Maßnahmen der Solartechnik in insbesondere Schulen auf der Basis einer entsprechenden Förderrichtlinie erfolgen.
Die Erfahrungen aus dem Bau und der Inbetriebnahme der Solaranlagen in 2008 sollen in die Förderrichtlinie einfließen.
Klimaschutz geht jeden etwas an.
Vor allem im Bereich der Umweltbildung kommt es darauf an, durch möglichst praxisnahe Beispiele Umweltwissen und Umwelthandeln eng miteinander zu verzahnen.
Auf Vorschlag der Verwaltung sollten dabei insbesondere an den Schulen im Landkreis Maßnahmen ergriffen werden, aus denen sich für die Schülerinnen und Schüler der technische und ökologische Nutzen angewandter Solartechnik erschließt.
Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt konnten erfreulicherweise Schulen unterschiedlichen Typus (Hauptschule, Gymnasium) für das Jahr 2008 für diese Projektidee gewonnen werden.
Schülersolarkraftwerke
Die inhaltlichen und didaktischen Aspekte dieser Projekte beginnen beim biologischen Solarkraftwerk, der Photosynthese in grünen Pflanzen.
Die Betrachtung soll global beginnend, den Zusammenhang zwischen Photosynthese (Energiefestlegung) und Atmung (Energiefreisetzung) verdeutlichen. Andere Abbau- und Umwandlungsprozesse, die atmosphärisch bedeutsam sind, können berücksichtigt werden (z.B. Verbrauch von Kohle, Erdgas und Erdöl). Die Einflüsse auf Stoffkreisläufe und Energiefluss durch die Nutzung fossiler und erneuerbarer Energien sollen erarbeitet und in das Schema eingefügt werden.
Die Energie der Sonne ist die Quelle des Lebens auf der Erde; alle Lebensprozesse sind direkt oder indirekt von Solarenergie abhängig. Durch die Photosynthese grüner Pflanzen werden Lichtanteile der Solarenergie chemisch gebunden. Dieser Energievorrat steht Pflanzen (meist unmittelbar) und Tieren (über die Nahrung) für ihre Lebensprozesse zur Verfügung.
Es gehört zu den fundamentalen Lernzielen des Biologieunterrichts, diese Bedeutung der Photosynthese grüner Pflanzen für das Leben der Einzelindividuen sowie für das Leben auf der Erde insgesamt deutlich zu machen.
Die Menschheit stützt die Energieversorgung überwiegend auf das biologische Solarkraftwerk der grünen Pflanzen der gegenwärtigen wie der vergangenen erdgeschichtlichen Epochen. Dabei werden einerseits die Photosyntheseprodukte der heutigen Pflanzenbestände genutzt, indem deren Assimilate mit der pflanzlichen und der tierischen Nahrung aufgenommen und für physiologischen Lebensprozesse nutzbar gemacht werden.
Andererseits werden die in erdgeschichtlichen Epochen durch Photosynthese entstandenen Energievorräte genutzt, indem Kohle, Erdgas und Erdöl in Feuerungsanlagen und Motoren verbrannt werden.
Inzwischen ist man in der Lage, auch technische Solarkraftwerke zu bauen, so dass heute ansehnliche Teile des Energiebedarfs darüber abgedeckt werden können. Lichtenergie, die Pflanzen vermittels Photosynthese in chemische Energie (Traubenzucker) umwandeln, kann vermittels Photovoltaikanlagen in elektrische Energie (Strom) umgewandelt werden.
Eine Photovoltaikanlage umfasst folgende Bauteile:
- PV-Module
- Wechselrichter
- Schalt- und Schutzvorrichtungen
- Anschlusskästen
- Verkabelung
- Zähl-, Mess- und Anzeigevorrichtung
Der Strom kann unmittelbar ins Netz oder über Speicher (Akkumulatoren) mit zeitlicher Verzögerung zur Verfügung gestellt werden.
Die im Ergebnis ähnlichen Prozesse der "Energiegewinnung" durch Photosynthese und durch Solarzellen lassen sich im naturwissenschaftlichen Fach- bzw. fächerübergreifenden Unterricht experimentell vergleichend veranschaulichen sowie in ihren Abläufen und Auswirkungen vergleichend darstellen.
Der Vergleich biologischer und technischer Solarkraftwerke misst einerseits der Photosynthese die ihr eigene besondere Bedeutung als energetischer Prozess zu und ermöglicht andererseits die technische Leistung einer Solarzelle an der biologischen Leistung photosynthetisch aktiver Pflanzenzellen zu messen.
Er kann zugleich allzu fachorientierte Betrachtungsweisen des Physik- und des Biologieunterrichts überwinden helfen.
Im Biologieunterricht begreifen Schülerinnen und Schüler die Photosynthese vor allem als Stoffumwandlungsprozess und bringen sie später kaum mit dem Begriff Energie in Verbindung.
Im Physikunterricht definieren Schülerinnen und Schüler den Begriff Energie vor allem physikalisch und lernen ihn an physikalischen Beispielen zu erläutern.
Die physikalische und energiewirtschaftliche Auseinandersetzung mit der Photovoltaik sowie der Vergleich mit biologischen Solarkraftwerken kann dazu beitragen, dass Schülerinnen und Schüler Energie in ihrer grundlegenden Bedeutung für Natur und Umwelt und für unser Leben auf der Erde begreifen.
Die Zusammenschau von biologischen und technischen Solarkraftwerken kann das Fundament legen und den Blick öffnen für Möglichkeiten nachhaltiger bzw. zukunftsfähiger Entwicklungen angesichts der vielen und vielfältigen Bedrohungen der Umwelt.
Auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen im Juni 1992 in Rio de Janeiro haben über 170 Staaten ein Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert beschlossen, die "Agenda 21".
Diese politische Willenserklärung der Völkergemeinschaft hat inzwischen auch im Landkreis Peine Resonanz gefunden. Der Kreistag hat beschlossen, die besonderen Verpflichtungen, die den Kommunen in Artikel 28 der Agenda 21 von Rio de Janeiro aufgetragen sind, zu erfüllen.
Ökologische Umorientierung und umweltverträgliches Handeln soll auch in der Schule stattfinden.
Vielerorts ist man vorangekommen, die im Schulbetrieb Arbeitenden und Lernenden in das Bemühen um eine umweltverträgliche Schule einzubinden und damit nicht nur einen konkreten Beitrag zur Umweltentlastung zu leisten, sondern Schule in Richtung auf ein glaubwürdiges Modell umweltverträglicher Einrichtungen in einen gemeinsamen Erfahrungsraum umweltverträglichen Handelns und einen Ausgangspunkt umweltverträglicher Initiativen in der Gemeinde und der Stadt zu entwickeln.
Die Entwicklung von Schulen im Sinne einer kommunalen Agenda 21 spiegelt sich auch in der Beteiligung an Projekten wie "Umweltschule in Europa", "Energiesparen an Schulen", "fifty-fifty" und "Modellvorhaben Abfallvermeidung und -sortierung" wider.
In diesen Zusammenhang passen die vielen und vielfältigen Initiativen an Schulen zur Auseinandersetzung mit der Photovoltaik.
Solarenergie ist dabei nicht nur, aber im Besonderen ein Thema des Physikunterrichts oder ein Projekt der naturwissenschaftlichen Fächer.
Die damit verbundenen Bestrebungen zur Installation einer Photovoltaikanlage sollen auch forschendes Lernen und kreatives Denken an einsatzfähigen zeitgemäßen Modellanlagen orientieren und ein Zeichen der Umorientierung im Schulbetrieb setzen.
Dabei spielen Fragen der Nachhaltigkeit bzw. Zukunftsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der Solarenergie - gerade auch in dieser Vernetzung - ebenso eine Rolle im Unterricht wie Fragen der Umweltverträglichkeit und Ressourcenschonung im Betrieb Schule.
Erfahrungen und Einsichten bei der Planung, dem Erwerb, der Installation und der Nutzung einer Photovoltaik-Anlage auf dem Schuldach geben auch Anlass zur exemplarischen Entwicklung von Strategien, die Wirtschaftlichkeit von Solaranlagen zu erhöhen.
Dort, wo unter maßgeblicher Beteiligung von Schülerinnen und Schülern entschieden wird, Geldmittel in eine Photovoltaik-Anlage oder andere energiesparende Anlagen zu investieren, kann ein Prozess in Gang kommen, der Schülerinnen und Schülern nachhaltige Handlungserfahrungen im Sinne von Umwelterziehung ermöglicht.
Unterrichtsorganisatorische Aspekte
Die Errichtung einer Schülersolaranlage lässt sich in folgende Handlungselemente zerlegen:
- Herstellung und Funktion einer Solarzelle
- Zusammenschaltung / Module
- Leistungskennlinie / MPP
- Dimensionierung und Bau einer kleinen Solaranlage
- Netzparallelbetrieb
- Kostenbetrachtung
Im Schulbereich bieten sich Vorhaben wie "Solarkraftwerke an Schulen", z.B. in Wahlpflichtbereichen an.
Experimentieransätze für Schülerinnen und Schüler
Für die Solartechnik und für den Umgang mit einzelnen Solarzellen ist bedeutsam, dass einzelne Zellen nur eine geringe Spannung liefern. Eine sinnvolle technische Nutzung ist erst durch Zusammenschaltung mehrerer Zellen möglich.
Durch Reihen-, Parallel- oder auch gemischte Reihen- und Parallelschaltung können verschiedene Spannungs-, Strom- und Leistungswerte realisiert werden.
Es können folgende Messungen durchgeführt werden:
Untersuchungen an einer Zelle
- Leerlaufspannung
- Kurzschluss-Strom
- Spannungs- und Stromverlauf bei unterschiedlicher Belastung
- Leistung in Abhängigkeit von der Einstrahlungsintensität
- Leistung und Einfallswinkel
- Maximum-Power-Point (MPP)
Untersuchungen bei zusammengeschalteten Zellen
Alle Versuche an der Einzelzelle lassen sich auch im zusammengeschalteten Zustand ausführen:
- Reihenschaltung (Verschattungsprobleme bei der Reihenschaltung)
- Teilspannungen, Gesamtspannung
- Parallelschaltung
- Modulströme, Gesamtstrom
Durch das direkte Experimentieren wird die Distanz zur Solartechnik abgebaut und für Schülerinnen und Schüler interessant gemacht.
Eine Netzeinspeisung hätte den Vorteil, dass die vorhandene elektrische Anlage als Stromverteiler genutzt wird und eine neue Verkabelung nicht erforderlich ist. Außerdem können teure Akkus entfallen, infolgedessen wird eine solche Anlage bis auf das gelegentliche Säubern der Module wartungsfrei.
Solartechnik fordert zusätzlich wegen der hohen Anschaffungskosten heraus, über die rationelle Verwendung von Energie nachzudenken und trägt damit auch unmittelbar dazu bei, den zunehmenden CO2 Ausstoß zu reduzieren.
Für die Planung und den Bau sollten Schüler eines Natur und Technik - Kurses mindestens der 10. Jahrgangsstufe verantwortlich gemacht werden, von denen mindestens zwei für die Konstruktion und den Bau des Gestelles und zwei für den Schaltungsentwurf und die Elektroinstallation zuständig sind. Die übrigen Schüler sollten in Zusammenarbeit mit Fachleuten beschäftigt werden.
Über eine Anzeige am Wechselrichter und zusätzliche Messgeräte im Anschlusskasten lassen sich folgende physikalischen Größen ablesen:
- Solar-Teilströme in den einzelnen Strängen
- der Gesamtstrom der Stränge
- Solarspannung
- Netzspannung
- Augenblicksleistung
- maximale Tagesleistung
- gesamten eingespeisten kWh
- Kühlrippentemperatur des Wechselrichters
- etwaige Störungen bei der Einspeisung
Über eine Schnittstelle könnten einzelne Daten von einem PC gespeichert und zur Auswertung einschließlich entsprechender Kurvendarstellungen weiterverarbeitet werden.
Ziel ist es, die Solartechnik für Schülerinnen und Schüler und für interessierte Gruppen noch fassbarer und gegenwärtiger zu machen.
Finanzierung
Die Finanzierung ist Teil des Projektes, der Landkreis würde einen erheblichen Zuschuss in Höhe von rd. 12.500,- € je Anlage geben.
Die Anlagen selber lassen sich nicht wirtschaftlich betreiben, dies steht auch nicht im Vordergrund der Maßnahmen.
Mit rd. 12.500 € je Anlage könnte je eine Anlage der Größenordnung 2 bis 2 ½ KWp (Kilowattpeak) finanziert werden[1], die Größe der Anlage betrüge demnach ca. 20 qm bis 25 qm.
Restliche Mittel müssten aus sonstigen Quellen (Fördervereine, Eltern, Schule) gestellt werden.
Ökologische Betrachtungen
Für die multikristallinen Solarzellen wurde ermittelt, dass die energietechnische Amortisationszeit bei maximal 5 Jahren liegt, d.h., nach wenigen Jahren einwandfreier Nutzung hat sich der hohe Energieaufwand der Produktion gelohnt und es wird wieder Energie gewonnen. Bei einer durchschnittlichen Lebensdauer von 20 Jahren wird somit ein echter ökologischer Überschuss erreicht.
Eine Anlage mit einer installierten Leistung von 1 KWp liefert pro Jahr etwa 700 – 750 kWh elektrische Energie. Bei einer nutzbringenden Lebensdauer von etwa 15 Jahren werden insgesamt 10.500 – 11.250 kWh je KWp produziert.
Im deutschen Strommix fallen bei der Stromerzeugung etwa 0,6 kg CO2 bei 1 kWh an.
Etwa 6.300 kg CO2 können in einem Zeitraum von 20 Jahren je KWp somit eingespart werden, was pro Jahr 315 kg weniger CO2 je KWp bedeutet.
Legt man zugrunde, dass ein ausgewachsener Baum etwa 20 kg CO2 pro Jahr zu Sauerstoff umwandeln kann, entspräche das einer effektiven Umwandlungsrate von 13 - 14 Bäumen.
Je Schülersolaranlage würde also die „CO2-Leistungskraft“ von rd. 35 ausgewachsenen Bäumen dargestellt.
[1] Die Größe einer Fotovoltaik-Anlage wird in Kilowatt-Peak (KWp) (Peakleistung = Spitzenleistung) angegeben.
Dieser Wert beschreibt die optimale Leistung der Solarmodule unter genormten Testbedingungen (1000 W/m² Einstrahlung, 25 °C Modultemperatur und 1,5 Air Mass.)
Bei bewölktem Himmel, bei Erwärmung des Moduls oder bei einem höheren Air Maß-Faktor ist die Leistung des Solargenerators entsprechend geringer.
In unseren Breitengraden können mit einer 1 kWP-Fotovoltaik-Anlage etwa 700 bis 900 KWh Strom pro Jahr erzeugt werden.