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Vorlage - 2015/069  

Betreff: Aktueller Sachstandsbericht über die Flüchtlingsarbeit im Landkreis Peine (Antrag der Fraktion der CDU)
Status:öffentlichVorlage-Art:Informationsvorlage
Federführend:Fachdienst Soziales Bearbeiter/-in: Lachmund, Elisabeth
Beratungsfolge:
Ausschuss für Gleichstellung, Arbeit und Soziales
28.05.2015 
Ausschuss für Gleichstellung, Arbeit und Soziales ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Antrag CDU_Sachstand Flüchtlingsarbeit  

 

Die Zahl der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) im Landkreis Peine hat sich seit 2012 nahezu verdoppelt. Derzeit erhalten rund 650 Personen Leistungen nach dem AsylbLG.

Die Steigerung spiegelt die bundesweite Zunahme von eingereisten Asylbewerberinnen und Asylbewerbern wider. Anfang Mai hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seine Prognose nach oben korrigiert. 2015 werden jetzt etwa 400.000 Flüchtlinge erwartet.

In der Zeit vom 18.12.2014 bis 30.09.2015 sind laut Mitteilung der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen, Braunschweig, im Landkreis Peine 626 Personen aufzunehmen – bisher wurden 190 Personen zugewiesen.

Die Verteilung der aufzunehmenden Personen erfolgt entsprechend den Einwohnerzahlen auf die kreisangehörigen Gemeinden.

Der Landkreis Peine hat mit der Stadt Peine und den Gemeinden des Landkreises Peine einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zur Durchführung der Unterbringung der Asylbewerber und Asylbewerberinnen abgeschlossen. Die Unterbringung erfolgt in den Gemeinschaftsunterkünften in Peine und Ilsede sowie in weiteren gemeindeeigenen Wohnungen. Aufgrund der stark ansteigenden Zugangszahlen ist der vorhandene Wohnraum inzwischen weitgehend ausgeschöpft, so dass einige Gemeinden privaten Wohnraum angemietet haben, was sich zunehmend schwierig gestaltet. Dazu kommt ein gestiegener Beratungs- und Betreuungsbedarf.

 

Aktuell hat der Landkreis Peine daher verschiedene Maßnahmen aufgelegt, um die Gemeinden bei ihrer Aufgabenerfüllung zu unterstützen (s. dazu auch Vorlage 19/2015):

 

  • Ab März 2015 werden den Gemeinden die Kosten für eine ½ Sozialarbeiter- bzw. Sozialarbeiterinnenstelle erstattet; die Gemeinde Ilsede erhält eine Kostenerstattung für eine ¾ Stelle; die Stadt Peine für 2 Stellen. Die Sozialarbeiter bzw. Sozialarbeiterinnen sollen die Betreuung der Flüchtlinge vor Ort übernehmen, Orientierungshilfe leisten, „ Runde Tische“ aufbauen, Sprachförderangebote koordinieren, usw.
  • Durch  die KVHS und den Caritasverband werden niederschwellige Sprachkurse für die Flüchtlinge angeboten. Die Sprachkurse erfolgen derzeit dezentral in den Gemeinden. Die Kosten trägt der Landkreis Peine.
  • Der Caritasverband hält einen Pool von Kulturdolmetschern bereit und koordiniert deren Einsatz. Eine Kostenübernahme erfolgt ebenfalls durch den Landkreis Peine.
  • Für den Aufbau ehrenamtlicher Arbeit erhalten die Gemeinden jeweils eine Pauschale in Höhe von 5.000 €, die Stadt Peine von 10.000 €

 

 

Dies vorausgeschickt, wird im Folgenden auf die einzelnen Punkte des Antrages der CDU-Kreistagsfaktion vom 18.03.2015 Bezug genommen:

 

1.      Willkommens- und Integrationskultur

 

Unter Willkommenskultur lässt sich eine positive Haltung gegenüber Flüchtlingen verstehen sowie die Gesamtheit aller Maßnahmen durch die die positive Haltung gefördert wird. Indikatoren dafür sind u. a. Toleranz, Offenheit und Hilfsbereitschaft. Nimmt man die bisher eingeleiteten Maßnahmen, die Hilfsbereitschaft und die Bereitschaft sich ehrenamtlich zu engagieren als Maßstab für den Landkreis Peine, so lässt sich eine von der großen Mehrheit der Bevölkerung getragene Willkommenskultur feststellen. Jeglicher Dialog fördert diese Willkommenskultur. Willkommenskultur braucht aber auch eine Willkommensstruktur. Zu der Struktur gehören eine angemessene Unterbringung, Zugang zu Integrationskursen und schulischer Bildung sowie zum Arbeitsmarkt. Daran gemessen, baut der Landkreis Peine die bereits vorhandene Willkommens- und Integrationskultur derzeit ständig und nachhaltig weiter aus.

 

 

 

 

 

2.      Öffentlichkeitsarbeit

 

In der Presse ist über die Einstellung der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, über Informationsveranstaltungen, runde Tische, medizinische Unterstützungsmaßnahmen  und Aktivitäten von Ehrenamtlichen mehrfach berichtet worden. Auch wurden einzelne Personen vorgestellt, die sich in der Stadt bzw. im Landkreis erfolgreich integriert haben.

Der Landkreis ist zur Zeit dabei, vorhandenes Informationsmaterial und vorhandene Flyer in mehreren Sprachen zur Verfügung zu stellen.

 

 

3.      Aktuelle Begleitung durch Arbeitskreis/Sozialausschüsse/“Runde Tische“ auf Kreis- und Gemeindeebene

 

Im Landkreis, bei der Stadt, in den Gemeinden Ilsede, Lengede, Hohenhameln und Wendeburg bestehen bereits runde Tische, teilweise engagieren sich hier Ehrenamtliche seit vielen Jahren. Aufgabe, der von den Gemeinden eingestellten Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, ist es u. a. auch, die Tätigkeit der runden Tische auszubauen und zu strukturieren. In ihrer Arbeit werden sie vom Landkreis beraten und supervisorisch begleitet.

Daneben bestehen verschiedene Arbeitsgruppen, die sich mit unterschiedlichen, teilspezifischen Fragestellungen zur Integration von Flüchtlingen befassen, beispielsweise der Arbeitskreis Migration im Rahmen der Gesundheitsregion. Eine weitere Arbeitsgruppe, die sich mit der Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt befassen soll, wurde auf den Weg gebracht.

Landkreisintern hat sich eine Arbeitsgruppe gebildet, die themenspezifisch organisiert ist (Unterbringung, Aufenthaltsstatus, Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, gesundheitliche Versorgung, Sprachkurse, Integration in den Arbeitsmarkt) und das Thema Asyl/Flüchtlinge in seiner Gesamtheit bearbeitet.

 

 

4.      Kostenregelungen bei der Entstehung von erforderlichen Ausgaben bei Krankheit, Ausweisgebühren etc., die nicht durch den Asylbewerber in der aktuellen Situation getragen werden können

 

Die am 01.03.2015 in Kraft getretene Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) beinhaltet u.a. die Neuregelung der Bedarfssätze für die Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG. Die neuen Leistungssätze werden nunmehr wie im SGB II bzw. SGB XII auf Grundlage des Statistikmodells der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe ermittelt und wurden gegenüber den alten Leistungssätzen deutlich angehoben. Die Höhe der im AsylbLG geregelten Bedarfssätze ist grundsätzlich identisch mit den Regelbedarfen des SGB II bzw. SGB XII. Geringe Abweichungen ergeben sich lediglich bei den Abteilungen Hausrat und Gesundheitspflege, da das AsylbLG vorsieht, dass diese Bedarfe gesondert erbracht werden. Für einen volljährigen, alleinstehenden Flüchtling beläuft sich die Regelleistung aktuell auf 359,00 € mtl., wovon, wie im SGB II bzw. SGB XII, grundsätzlich sämtliche Bedarfe mit Ausnahme der Unterkunftskosten abgedeckt sind. Zusätzlich werden Leistungen für Hausrat und Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt gewährt. Sofern die Leistungen im Einzelfall nicht ausreichen, besteht die Möglichkeit – wie im SGB II bzw. SGB XII – für unabweisbar gebotene Bedarfe Darlehen zu gewähren.

 

 

 

 

 

 

 

5.      Regelung der sprachlichen Unterstützung bei den Behördengängen

 

Ein Großteil der Flüchtlinge verfügt über Sprachkenntnisse (z.B. Englisch) oder verständigt sich bei Behördengängen mithilfe von Dolmetschern aus dem Bekannten-

bzw. Verwandtenkreis.

Daneben verfügt der Caritasverband Peine über einen größeren Pool von Kulturdolmetschern. Diese können bei Bedarf, auch kurzfristig, zur sprachlichen Unterstützung bei Behördengängen, aber auch bei Arztbesuchen oder bei weiteren Unterstützungsbedarfen, angefordert werden. Die Kosten für den Einsatz der Kulturdolmetscher trägt der Landkreis Peine.

Nicht zuletzt sollen die Deutschkurse dazu beitragen, dass den Flüchtlingen eine Verständigung  (mindestens) in elementaren Dingen möglich ist.

 

6.      Konkrete Umsetzungsschritte und Zielsetzungen für die Verbesserung des „Miteinanders“ zwischen Bevölkerung und Zuwanderern

 

Die von den Gemeinden für die Flüchtlingsarbeit eingestellten Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen haben inzwischen ihre Tätigkeit aufgenommen. Eine ihrer Aufgaben ist es, die Integration der aufgenommenen Flüchtlinge zu fördern.

In der Bevölkerung besteht eine große Hilfsbereitschaft.

Konkrete Ziele sind, Informationsveranstaltungen durchzuführen und den Dialog zwischen Flüchtlingen und der Bevölkerung zu fördern sowie ehrenamtlich tätige für die Flüchtlingsbetreuung zu gewinnen und in der Folge, verschiedene Maßnahmen und Projekte zu initiieren und zu strukturieren.

Derzeit werden in den Gemeinden bereits verschiedene Angebote ehrenamtlich tätiger vorgehalten.

Die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter besprechen in Abstimmung mit dem Landkreis Peine in regelmäßigen Zusammenkünften das weitere Vorgehen.

 

7.      Regelungen und Grundsätze für die Sprachförderung und Sprachkurse

 

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bietet verschiedene Sprach- bzw. Integrationskurse an. Die Teilnahme setzt in der Regel jedoch einen Aufenthaltstitel voraus. Asylbewerber, die sich im laufenden Asylverfahren befinden, erhalten eine Aufenthaltsgestattung und sind damit nicht zur Teilnahme an den Kursen berechtigt.

Das gilt ebenso für abgelehnte, geduldete Asylbewerber.

Für diese Personenkreise werden aktuell durch die Kreisvolkshochschule und den Caritasverband dezentral Sprachkurse in den Gemeinden angeboten.

Geplant sind bzw. bereits begonnen haben insgesamt 11 Grundkurse, die jeweils 60 Unterrichtsstunden umfassen. Daneben bieten verschiedentlich ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bürger niederschwelligen Sprachunterricht für Flüchtlinge an. Auf die Deutschgrundkurse werden Aufbaukurse draufgesattelt, die zentral in Peine stattfinden sollen. Das Geld für die Deutschkurse ist gut angelegt: für jene die bleiben dürfen und bessere Integrationschancen erhalten und selbst für jene, die abgeschoben werden, weil sie deutsche Sprachkenntnisse mit in ihre Heimat nehmen.

 

8.      Verfahren und Vorgehensweise bei der Wohnraumbeschaffung

 

Die Unterbringung der Flüchtlinge erfolgt in den beiden Gemeinschaftsunterkünften in Peine, Lehmkuhlenweg, bzw. Groß Lafferde, Bierstraße, sowie in weiteren gemeindeeigenen Wohnungen bzw. in Privatwohnungen, die von den Gemeinden angemietet worden sind. Der Landkreis Peine hat mit der Stadt Peine und den Gemeinden des Landkreises Peine einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zur Durchführung der Unterbringung der Asylbewerber abgeschlossen. Die Akquise des benötigten Wohnraumes erfolgt durch die Gemeinden. Der den Gemeinden dafür entstehende Verwaltungsaufwand wird pauschal erstattet.

Die laufenden Kosten der Unterkunft (Miete, Betriebs- und Heizkosten) werden durch den Landkreis Peine getragen.

 

 

9.      Wer koordiniert die Zusammenarbeit zwischen den hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den Bereich der Flüchtlingsarbeit im Landkreis Peine

 

In den Gemeinden wird die Zusammenarbeit zwischen den hauptamtlich in den Verwaltungen und den ehrenamtlich tätigen durch die neu eingestellten Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter koordiniert. Grundsätze der Zusammenarbeit, Vorgehensweisen und Abläufe werden in regelmäßigen Zusammenkünften, die beim Landkreis Peine stattfinden, festgelegt bzw. abgestimmt.

 

10.  Überlegungen für dringliche Verbesserungen für die Zukunft

 

Die zum 01.03.2015 in Kraft getretene Änderung des AsylbLG hat zu einigen Verbesserungen für die Leistungsberechtigten geführt. Die zur Bestreitung des Lebensunterhaltes bereitgestellten Mittel wurden erheblich erhöht; Kinder und Jugendliche, die Leistungen nach dem AsylbLG erhalten, haben jetzt auch einen Anspruch auf Leistungen für Bildung und Teilhabe.

Nach nunmehr 15 statt bisher 48 Monaten besteht ein Anspruch auf Leistungen anlog dem SGB XII, verbunden mit einem Anspruch auf medizinische Versorgung entsprechend der gesetzlichen Krankenversicherung.

Es besteht durchaus weiterer Verbesserungsbedarf. Wünschenswert wäre es beispielsweise, wenn jeder Flüchtling zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs über ein eigenes Bankkonto verfügen würde. Das ist derzeit nicht der Fall, da viele Flüchtlinge keine Identitätspapiere besitzen. So müssen Auszahlungen regelmäßig zum Monatsbeginn in bar erfolgen, was oftmals mit Wartezeiten verbunden ist. Der Landkreis ist dazu in Gesprächen mit der Kreissparkasse und der Volksbank Peine.

Weiteres Verbesserungspotenzial bietet auch der Bereich der eingeschränkten medizinischen Versorgung für Flüchtlinge, die Grundleistungen erhalten. Um eine Gleichstellung mit den gesetzlich Versicherten (wie z.B. durch das Bremer Modell) zu erreichen, ist jedoch eine Regelung durch das Land Niedersachsen erforderlich.

Gemeinsam mit den umliegenden Sozialhilfeträgern werden aktuell Überlegungen angestellt, welche Vereinfachungen im derzeitigen gesetzlichen Rahmen möglich sind.

Überfällig ist eine Regelung die mit der nach drei Monaten möglichen Arbeitsaufnahme zugleich die Finanzierung von Deutschkursen sicherstellt. Zudem müssen die Asylverfahren erheblich beschleunigt, die Kapazitäten der Landesaufnahmeeinrichtungen erweitert, die Kostenpauschale von 6.195 € auf 10.000 € pro Flüchtling erhöht und erfolgreichen Antragstellern der sofortige Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt werden.

 

 

 

 


 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Antrag CDU_Sachstand Flüchtlingsarbeit (188 KB)