Vorlage - 2011/230
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Ziel des Gesetzes
Ziel der Bundesregierung ist es, mit der Instrumentenreform mehr Dezentralität, eine höhere Flexibilität und mehr Transparenz zu erreichen. Die deutliche Reduzierung der Arbeitsmarktinstrumente soll zu einer verbesserten individuellen, passgenauen Unterstützung sowie einer Stärkung der Qualität(ssicherung) bei den Arbeitsmarktdienstleistern führen. Die Instrumentenreform stellt keinen Instrumentenkoffer für den SGB II-Bereich bereit, sondern betont die rechtskreisübergreifende Arbeitsmarktpolitik für das SGB II und SGB III. Die Bundesregierung unterstellt ähnliche Ziele und Lagen der Arbeitslosen, insbesondere das Ziel der Integration in den ersten Arbeitsmarkt.
Der Rückgang der Arbeitslosenzahlen seit 2010 einhergehend mit einem wachsenden Angebot an offenen Stellen wurde von der Bundesregierung zum Anlass genommen, mit der Instrumentenreform auch der veränderten wirtschaftlichen Entwicklung Rechnung zu tragen. Die Reform soll zu einer Steigerung der Effektivität und Effizienz der Arbeitsmarktpolitik beitragen; flankiert wird sie von Einsparungen bei den Eingliederungsmitteln in Höhe von mehreren Milliarden Euro auf Bundesebene.
Aktuell haben Bund und Länder im Vermittlungsausschuss noch über den Gründungszuschuss, die Förderung von Betrieben, die Jugendlichen eine Einstiegsqualifizierung bieten sowie die Förderdauer des Eingliederungszuschusses für Arbeitnehmer ab 50 Jahren verhandelt. Nachdem Änderungen vorgenommen wurden, hat der Bundesrat seinen Einspruch am 25.11.2011 zurück genommen. Im Kern steht somit das bereits vom Bundestag verabschiedete Gesetz; es soll zum 01.04.2012 in Kraft treten.
Im Wesentlichen haben sich folgende kommunalrelevante Änderungen ergeben:
- Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 16 SGB II i. V. m. § 45 SGB III – hierunter fallen alle Maßnahmen, die an den Arbeitsmarkt oder die Selbständigkeit heranführen, Vermittlungshemmnisse abbauen oder in Beschäftigung und Ausbildung vermitteln), können für Leistungsberechtigte des SGB II, wenn sie langzeitarbeitslos sind oder das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ihre berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen besonders erschwert ist, bis zu zwölf Wochen betragen. Für die übrigen Leistungsberechtigten gilt eine Höchstdauer von maximal sechs Wochen. Der Entwurf hatte ursprünglich für beide Personengruppen eine Begrenzung auf vier Wochen vorgesehen.
Die Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung können im Rahmen des Vergaberechts vergeben oder Leistungsberechtigte können mit einem Aktivierungs- bzw. Vermittlungsgutschein ausgestattet werden. Ein Anspruch auf einen Gutschein besteht nach drei Monaten, wenn die anspruchsberechtigte Person in diesem Zeitraum zumindest sechs Wochen arbeitslos war. Angesichts der unterschiedlichen beruflichen und persönlichen Voraussetzungen von Leistungsberechtigten muss das Jobcenter ein entsprechendes Maßnahmenportfolio vorhalten, um den Anspruch der Leistungsberechtigten einlösen zu können.
Künftig bedürfen alle Träger und auch diejenigen Maßnahmen, die mittels eines Gutscheins in Anspruch genommen werden können, einer externen Zulassung. Die Träger müssen die Zertifizierung bis zum 31.12.2012 nachweisen. Für Träger, die einen Bildungsgutschein oder künftig auch einen Gutschein für Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung annehmen wollen, gilt dieses Kriterium bereits ab 01.04.2012.
- Für verfestigt Langzeitarbeitslose bleibt der Einsatz in öffentlich geförderter Beschäftigung möglich. Bevorzugtes Instrument dafür sind die Arbeitsgelegenheiten (§ 16 d SGB II). Die Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwand (sog. 1-Euro-Jobs) sind künftig nachrangig im Gesetz verankert. Vorrang haben Vermittlung in den allgemeinen Arbeitsmarkt und Qualifizierung. Leistungsberechtigte dürfen innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren nicht länger als 24 Monate in Arbeitsgelegenheiten zugewiesen werden. Zielgruppen sind besonders schwer zu vermittelnde Personen. Bedingt durch den Nachrang der Arbeitsgelegenheiten gegenüber Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung, ist künftig in jedem Einzelfall plausibel zu begründen, weshalb eine Arbeitsgelegenheit erforderlich ist und vorrangige Eingliederungsinstrumente nicht in Frage kommen.
Das Instrument der Arbeitsgelegenheit in der Entgeltvariante ist nicht mehr als Eingliederungsinstrument vorgesehen; ebenso sind die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) abgeschafft.
Die Arbeiten nach § 16 d SGB II müssen zusätzlich im öffentlichen Interesse liegend und wettbewerbsneutral (neu !) sein, was vom Jobcenter zu prüfen ist. Marktnahe Tätigkeiten sind nicht möglich.
Die bisher bei der Beschäftigung in Form der Arbeitsgelegenheiten vorgesehen Qualifizierungselemente fallen weg.
Die ursprünglich im Entwurf vorgesehene Begrenzung der Maßnahmekosten (bis zu 150 Euro) ist entfallen. Auf Antrag werden die unmittelbar mit der Verrichtung von Arbeiten erforderlichen Kosten – auch für das Anleitungs- und Betreuungspersonal – erstattet.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) sieht Arbeitsgelegenheiten grundsätzlich nicht mehr als geeignetes Förderinstrument für unter 25-jährige. Vor diesem Hintergrund prüfen das BMAS und das Niedersächsische Sozialministerium derzeit, auf welcher Grundlage der Gesetzesänderungen das Landesprogramm „Jugendwerkstätten“ künftig fortgeführt werden kann.
- Ebenfalls nachrangig ist das Förderinstrument des § 16 e SGB II Förderung zusätzlicher Arbeitsverhältnisse. Hier wird die Beschäftigung bei einem Arbeitgeber mit maximal 75 % des Arbeitsentgeltes bezuschusst. Mit diesem Instrument wird ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis ohne Beitrag zur Arbeitslosenversicherung begründet. Das Instrument dient nicht unmittelbar der Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Leistungsberechtigte müssen zunächst mindestens 6 Monate mit dem Ziel einer Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt aktiviert werden. Gelingt in dieser Zeit keine Vermittlung, kann ein auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittener Arbeitsplatz gefördert werden.
Die bisher schon mit einem Beschäftigungszuschuss geförderten unbefristeten Arbeitsverhältnisse können weitergeführt werden. Die bisher befristeten Arbeitsverhältnisse laufen aus und können aufgrund der veränderten Rechtssituation nicht in eine Dauerbeschäftigung umgewandelt werden.
- Der Rechtsanspruch auf Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (BvB) entfällt künftig. Dadurch werden die berufsvorbereiteten Maßnahmen Ermessensleistungen. Wie bei allen anderen Maßnahmen, die im Vergabeverfahren vergeben werden, ist eine Trägerzulassung und Zertifizierung erforderlich.
- Der Anspruch auf die Vorbereitung für den nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses ist weiterhin festgeschrieben und Maßnahmekosten inklusive einer erfolgsbezogenen Pauschale bei Vermittlung in eine betriebliche Berufsausbildung vorgesehen.
- Die Berufseinstiegsbegleitung wird ausgeweitet und an allen allgemeinbildenden Schulen ermöglicht. Dieses Förderinstrument soll jungen Menschen die Eingliederung in eine Berufsausbildung erleichtern. Hier ist eine Kofinanzierung von 50 % vorgesehen. Die Berufseinstiegsbegleitung soll spätestens in der Vorabgangsklasse beginnen und ein halbes Jahr nach Beginn der Berufsausbildung, sonst spätestens nach 24 Monaten, enden.
Die einzelnen Rechtsänderungen können hier weder im Detail dargestellt noch in ihrer Fülle systematisch aufgelistet werden. Dieses würde von der Seitenzahl her den Charakter einer Informationsvorlage sprengen. In der Ausschusssitzung wird die Instrumentenreform in wesentlichen kommunalrelevanten Punkten vorgestellt und die Auswirkungen für die Arbeit des Jobcenters wie auch auf die Trägerlandschaft im Landkreis Peine sollen erörtert werden.