Inhalt

Vorlage - 2025/041  

Betreff: Antrag von KTA Schampera auf Einreichung einer Klage, um den Finanzausgleich i.S.d. Konnexitätsprinzips einzufordern
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
  Aktenzeichen:13 / FAG
Federführend:Fachdienst Finanzen Beteiligt:Verwaltungsführung
Bearbeiter/-in: Klages, Gundula  Referat Landrat, Kreistag und Öffentlichkeitsarbeit
Beratungsfolge:
Kreisausschuss Vorberatung
Kreistag des Landkreises Peine Entscheidung
19.03.2025 
17. Sitzung des Kreistages des Landkreises Peine      

Finanzielle Auswirkungen
Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Antrag KTA Schampera - Klage Finanzausgleich Konnexitätsprinzip  


 

Im Budget enthalten:

nein

Kosten (Betrag in €):

----

Mitwirkung Landrat:

ja

Qualifizierte Mehrheit:

nein

Relevanz

Gender Mainstreaming

nein

Migration

nein

Prävention/Nachhaltigkeit

nein

Bildung

nein

Klima-/Umwelt-/Naturschutz

nein

 

 


 


Dem Antrag auf Einreichung einer Klage, um den Finanzausgleich i.S.d. Konnexitätsprinzips ab dem Haushaltsjahr 2025 einzufordern, wird nicht gefolgt.


Inhaltsbeschreibung:

Mit Antrag vom 22. Januar 2025 beantragt der Kreistagsabgeordnete Martin Schampera die Einreichung einer Klage, um den Finanzausgleich i.S.d. Konnexitätsprinzips ab dem Haushaltsjahr 2025 einzufordern. Der Landkreis Peine möge sich anderen Kreisen anschließen, die „vor das Verfassungsgericht gezogen“ seien, um einen (ausreichenden) Finanzausgleich einzuklagen.

Aus Sicht der Verwaltung wird eine Klage zur kommunalen Finanzausstattung zum jetzigen Zeitpunkt hinsichtlich der Erfolgsaussichten aus folgenden Gründen als sehr skeptisch betrachtet, sodass empfohlen wird, dem Antrag nicht zu folgen:

Klagen hinsichtlich der allgemeinen Finanzausstattung vor den Landesverfassungsgerichten gehen seit einiger Zeit regelmäßig zulasten der kommunalen Gebietskörperschaften aus. Hierzu sei auf die jüngeren Entscheidungen des Nordrhein-Westfälischen Verfassungsgerichts und des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt hingewiesen, welche festgestellt haben, dass nach den jeweiligen Landesverfassungen der den Kommunen zu gewährende Finanzausgleich unter dem Vorbehalt der Leistungsfähigkeit des Landes stehe.

Der Niedersächsische Staatsgerichtshof hat bereits im Jahr 2008 in diesem Sinne votiert und ebenfalls die These vertreten, dass ein Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung aus Art. 47 Abs. 4 und Art. 58 der Niedersächsischen Verfassung nicht uneingeschränkt gegenüber dem Land hergeleitet werden kann, sondern auch der Anspruch auf Mindestausstattung durch die Leistungsfähigkeit des Landes begrenzt wird. Darüber hinaus hat in dieser Entscheidung der Staatsgerichtshof die These vertreten, dem Land stehe hinsichtlich der Gestaltung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen ein gerichtlich nicht überprüfbarer Gestaltungsspielraum zu; es läge im Rahmen des Gestaltungsspielraums, wenn im Rahmen des Finanzausgleiches zwischen Land und Kommunen eine „Gleichentwicklung der Finanzierungssalden" gewährleistet werde.

Wenn es nicht gelingt, gegenüber dem bekannten Vorbringen, dass die kommunale Aufgabenerledigung „defizitär" sei, eine neue Argumentationsebene vorzutragen, besteht die Gefahr, dass der Staatsgerichtshof lediglich seine Entscheidung vom 27.02.2008 wiederholt. Eine Verfestigung dieser gegenüber den kommunalen Belangen extrem negativen Grundeinstellung wäre aus kommunaler Sicht fatal.

Auch Klagen wegen gerügter Verstöße gegen das Konnexitätsprinzip sind in anderen Bundesländern in der letzten Zeit für die kommunale Seite nicht erfolgreich ausgegangen. Der Niedersächsische Staatsgerichtshof hat im Rahmen der kommunalen Verfassungsbeschwerde von acht Landkreisen wegen der Einführung des § 182 Abs. 5 NKomVG mit Urteil vom 2. Mai 2024 die hohen Hürden für die Zulässigkeit einer solchen Klage nochmals betont.

Die Hoffnung der Kommunen ruht angesichts dieser Rechtsprechung in den einzelnen Bundesländern auf dem Bundesverfassungsgericht, bei dem seit mehreren Jahren die Klagen von zwei Kommunen aus Rheinland-Pfalz mit Unterstützung des Deutschen Landkreistages (DLT) anhängig ist. Mit ihnen soll klargestellt werden, dass die Rechtsprechung der Mehrzahl der Landesverfassungsgerichte, wonach die finanzielle Mindestausstattung der Kommunen unter dem Leistungsfähigkeitsvorbehalt der Landesfinanzen steht, nicht mit Art. 28 des Grundgesetzes in Einklang zu bringen sei.

Die Verfassungsbeschwerden aus Rheinland-Pfalz werden seit Dezember 2024 durch Klageschriften der Landkreise Mansfeld-Südharz und Salzlandkreis aus Sachsen-Anhalt ergänzt. Hier besteht die besondere – für die Kreisebene äußerst unbefriedigende – Situation, dass die Verwaltungsgerichte bei der Bemessung der Kreisumlage eine finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden für erforderlich hielten, die vom Landkreis berücksichtigt werden müsse. Nach der Rechtsprechung des dortigen Landesverfassungsgerichts stehe allerdings die Gewährung des kommunalen Finanzausgleichs und die finanzielle Mindestausstattung des dortigen Kommunen unter dem Leistungsfähigkeitsvorbehalt des Landes, obwohl eine entsprechende Regelung in der Landesverfassung nicht enthalten sei. Insoweit seien die Landkreise in Sachsen-Anhalt in einer besonders negativen „Sandwich“-Position, da sie von einer uneinheitlichen Rechtsauslegung der unterschiedlichen Gerichtszweige in beiden Fällen negativ betroffen seien. Dies habe zu einer besonders extremen negativen Entwicklung bei den dortigen Landkreisen geführt.

Das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt habe seine für die Kommunen negative Rechtsprechung mit Urteilen vom 21. Januar 2025 nochmals bestätigt, obwohl in der Landesverfassung Sachsen-Anhalt kein Leistungsfähigkeitsvorbehalt zu Gunsten des Landes enthalten ist. Das Gericht hat dabei festgestellt, dass die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte aufgefordert sei, sich dem Maßstab des Gesetzgebers anzupassen. Ob dies mit Blick auf gegenteilige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur finanziellen Mindestausstattung geschehe, bleibe abzuwarten.

Der Landkreis Helmstedt ist einer der niedersächsischen Landkreise mit einer besonders schlechten Finanzsituation. Mit Blick hierauf hat er ein Rechtsgutachten zur Prüfung möglicher Finanzausstattungsansprüche gegen das Land in Auftrag gegeben und auf dieser Basis in seinem Kreistag am 18. Dezember 2024 beschlossen, Klage vor dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof zu erheben. Die Kommunalverfassungsbeschwerde ist inzwischen auch eingereicht, aber noch nicht begründet worden.

Vor dem Hintergrund der äußerst unbefriedigenden Ausgangslage in Niedersachsen hat zum weiteren Vorgehen am 6. Januar 2025 ein Gespräch u.a. unter Beteiligung des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) beim DLT stattgefunden. Im Ergebnis ist vereinbart worden, seitens des DLT zu ventilieren, wann mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu rechnen sein könnte. Dies ist allerdings bis jetzt wegen des Fehlens der für 2025 vorgesehenen Entscheidungen auf der Homepage des Gerichts nicht abschließend möglich gewesen.

 

 

Ziele / Wirkungen:

entfällt

 

 

Ressourceneinsatz:

entfällt

 

 

Schlussfolgerung:
Die vom DLT koordinierten Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht zur Einhaltung einer kommunalen Mindestfinanzausstattung sind zu begrüßen. Weitere Klagen vor dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof zur kommunalen Finanzausstattung werden jedoch mit Blick auf die bisherige Rechtsprechung zum jetzigen Zeitpunkt skeptisch betrachtet.

Diese Auffassung wurde auch durch Herr Rechtsanwalt David aus der Kanzlei Versteyl in Hannover, welcher den Landkreis in Sachen „Klage gegen die Festsetzung der Kreisumlage durch Stadt Peine“ vertritt, bestätigt. Diesen hatte die Verwaltung unverzüglich nach Bekanntwerden des Vorhabens des Landkreises Helmstedt um juristische Einschätzung gebeten, ob er es als sinnvoll ansehen würde, dass sich der Landkreis Peine dem Landkreis Helmstedt „anschließt“. Die auch durch ihn geäußerten Bedenken überzeugen und führen zu der Empfehlung, dem o.g. Antrag von KTA Schampera nicht zu folgen.

 


Antrag KTA Schampera – Klage Finanzausgleich Konnexitätsprinzip

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Antrag KTA Schampera - Klage Finanzausgleich Konnexitätsprinzip (84 KB)