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Vorlage - 2022/057  

Betreff: Flächenversiegelungen und Ersatzmaßnahmen im Landkreis Peine

Status:öffentlichVorlage-Art:Informationsvorlage
Federführend:Immobilienwirtschaftsbetrieb Beteiligt:Fachdienst Umwelt
Bearbeiter/-in: Becker, Angela   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Bauen und Liegenschaften Kenntnisnahme
26.04.2022 
2. Sitzung des Ausschusses für Bauen und Liegenschaften zur Kenntnis genommen   

Finanzielle Auswirkungen
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Anfrage B90-Grüne für ABL 26.04.2022  


 

Im Budget enthalten:

nein

Kosten (Betrag in €):

0 €

Mitwirkung Landrat:

nein

Qualifizierte Mehrheit:

nein

Relevanz

Gender Mainstreaming

nein

Migration

nein

Prävention/Nachhaltigkeit

nein

Bildung

nein

Klima-/Umwelt-/Naturschutz

nein

 

 


 


Die Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hat mit Schreiben vom 15.03.2022 um weitergehende Informationen zur Flächenversiegelung und den damit in Verbindung stehenden Ersatzmaßnahmen gebeten. Hierzu muss aus fachlicher Sicht etwas umfassender auf die Rechtsgrundlagen eingegangen werden.

Eingriffe in Natur und Landschaft sind nach § 14 (1) Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) Veränderungen der Gestalt oder der Nutzung von Grundflächen, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können. Der / Die Verursacher:in eines Eingriffs ist gem. § 15 (1) BNatSchG verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen bzw. zu minimieren. Unvermeidbare Beeinträchtigungen sind gem. § 15 (2) S. 1 BNatSchG durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen).

Die von Ihnen thematisierte Flächen- / Bodenversiegelung ist ein kleiner Teil der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung. Darüber hinaus werden bei der Anwendung der Eingriffsregelung die Auswirkungen auf Arten, Biotope, Wasser, Klima / Luft sowie auf das Landschaftsbild betrachtet.

Das Verhältnis der Eingriffsregelung zum Baurecht wird in § 18 BNatSchG geregelt. Dementsprechend findet gemäß § 18 (2) BNatSchG die Eingriffsregelung (§ 14 - § 17 BNatSchG) bei Bauvorhaben im Innenbereich i. S. d. § 34 Baugesetzbuch (BauGB) keine Anwendung. Bei Bauvorhaben im Außenbereich i. S. d. § 35 BauGB ist die Eingriffsregelung uneingeschränkt anzuwenden.

 

 

Dies gilt ebenfalls für die Aufstellung von Bebauungsplänen, sofern es sich nicht um ein vereinfachtes Verfahren nach § 13 BauGB handelt.

Die untere Naturschutzbehörde wird dementsprechend nicht bei allen Verfahren zur Stellungnahme aufgefordert. Eine grundsätzliche Beteiligung der unteren Naturschutzbehörde erfolgt beispielsweise bei Bauleitplanverfahren, Planfeststellungsverfahren und Bauvorhaben im Aussenbereich i. S. d. § 35 BauGB. Bei Bauvorhaben im Innenbereich i. S. d. § 34 BauGB wird die untere Naturschutzbehörde hingegen nur beteiligt, wenn durch das Bauvorhaben arten-schutzrechtliche Belange nach § 44 BNatSchG betroffen sein können.

 

Folglich sind der unteren Naturschutzbehörde bei weitem nicht alle Flächen- / Bodenversiegelungen durch Bauvorhaben im Landkreis bekannt. Darüber hinaus sind nicht für alle Neuversiegelungen im Zusammenhang mit Bauvorhaben auch Kompensationsmaßnahmen erforderlich.

 

Die untere Naturschutzbehörde ist gemäß § 17 (6) BNatSchG verpflichtet, die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in einem Kompensationsverzeichnis zu führen. In diesem Kompensationskataster werden bislang jedoch die Maßnahmen aus der Bauleitplanung nicht erfasst. Aus dem Kompensationskataster ist die Ausgabe einer Statistik, welche Flächen-/Bodenversiegelungen in einem bestimmten Zeitraum durch welches Vorhaben zu Kompen-sationsmaßnahmen geführt haben, bisher technisch nicht möglich. Das Kompensationskatas-ter ermöglicht lediglich die Prüfung, ob eine Doppelbelegung von Flächen vorliegt.

 

Ersatzgeldzahlungen werden in erster Linie durch Eingriffe in das Landschaftsbild ausgelöst, die zum Beispiel beim Bau von Windenergieanlagen oder Mobilfunkmasten nicht durch land-schaftsgestalterische Maßnahmen (z. B. Eingrünung) ausgeglichen werden können.

Aus der Bauleitplanung werden keine Ersatzgeldzahlungen generiert. Grundsätzlich können naturschutzfachliche Maßnahmen, die aus Ersatzgeldern finanziert werden, nicht 1 : 1 einem Vorhaben zugeordnet werden.

 

In Ihrem Schreiben haben Sie die in den Jahren 2019, 2020 und 2021 entstandenen Flächeneingriffe angefragt. Dies umfasst die tatsächliche Bauumsetzung von Bauvorhaben und nicht eine Übersicht über die Bauvorhaben, die sich in den genannten Jahren im Genehmigungsverfahren befunden haben. Nach Abschluss der Verfahren und damit der Erteilung der Baugenehmigung wird der Beginn der Bautätigkeit oftmals nicht bei der unteren Naturschutzbehörde angezeigt, weshalb keine Aussage zu den aktuell stattfindenden Flächeneingriffen getroffen werden kann.

 

Anhand dieser Erläuterungen ist festzustellen, dass eine Erarbeitung der angefragten Übersichtstabelle nicht möglich ist, da die erforderlichen Daten in dieser Form nicht erfasst werden können. Alternativ möchte ich Ihnen anbieten, im Folgenden anhand von drei Fallbeispielen einen Einblick in verschiedene Bauvorhaben sowie den jeweiligen Flächen- / Bodenversiegelungen und Ausgleichs- / Ersatzmaßnahmen zu geben.

 

 

 

 

 

Fallbeispiele

 

  1. Bebauungsplan

Der Grad der Versiegelung der Grundstücksflächen in Bebauungsplänen liegt in der Verantwortung der jeweiligen Gemeinden, da diese die Planungshoheit besitzen. In Abhängigkeit von dem im Bebauungsplan festgesetzten Gebiet wird ein maximal zulässiger Versiegelungsgrad mit einer Grundflächenzahl (GRZ) festgeschrieben. Dieser Wert muss nicht voll ausgenutzt werden, weswegen eine präzise Beurteilung des tatsächlich versiegelten Anteils der gesamten Fläche nicht angegeben werden kann. Die Grundflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche zulässig sind (§ 19 (1) BauNVO, Baunutzungsverordnung). Die zulässige Grundfläche ist der Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf (§ 19 (2) BauNVO).

 

 

Im hier dargestellten Beispiel wird im Bebauungsplan ein „Allgemeines Wohngebiet“ nach § 4 BauNVO festgesetzt. Die hierfür maximal zulässige Grundflächenzahl beziffert sich nach § 17 BauNVO auf 0,4. Die Gemeinde hat jedoch die Grundflächenzahl auf 0,3 festgelegt.

 

Bei der Eingriffs-Ausgleichs-Bilanzierung wird der Kompensationsbedarf i. d. R. für die maximal zulässige Versiegelungsfläche ermittelt. Kompensationsmaßnahmen können beispielsweise im Plangebiet als Maßnahmenflächen festgesetzt, auf externen Maßnahmenflächen vorgesehen oder im gemeindeeigenen Flächenpool kompensiert werden. In diesem Beispiel erfolgt die Kompensation über den gemeindeeigenen Flächenpool. Darüber hinaus ist in der textlichen Festsetzung die Anpflanzung eines einheimischen Laubbaumes je angefangener 70 m² versiegelter Grundstücksfläche festgelegt.

 

  1. Neubau von Windenergieanlagen

Beim Neubau von Windenergieanlagen ist der Unterschied zwischen dem Umfang der Bodenneuversiegelung und den Eingriffen in das Landschaftsbild verhältnismäßig groß. Die Neuversiegelungen des Bodens entstehen in erster Linie durch die Fundamente der Anlagen und die erforderlichen Zuwegungen.

r den Neubau einer Windenergieanlage könnte sich die Neuversiegelung wie folgt zusammensetzen:

Fundament:  700 m²

Zuwegung:  1.300 m²

Gesamt: 2.000 m²

Aus der Neuversiegelung von 2.000 m²rde sich ein Kompensationsbedarf von 1.000 m² ergeben. Dieser kann auf einer externen Maßnahmenfläche kompensiert werden.

 

Aufgrund der Höhe von Windenergieanlagen können die Eingriffe in das Landschaftsbild nicht ausgeglichen werden, weshalb die Zahlung eines Ersatzgeldes erforderlich wird.

r den Neubau einer Windenergieanlage könnte eine Ersatzgeldzahlung in der Größenordnung von 50.000 Euro generiert werden.

 

  1. Straßenausbau und Neubau eines Radwegs

Bei dem Ausbau von Straßen sowie dem Neubau von Radwegen kommt es zu Eingriffen in Form von Bodenversiegelungen, die i. d. R. externe Kompensationsmaßnahmen erfordern.

 

Die folgenden Erläuterungen wurden vom Fachdienst Straßen für die ckmeldung zu Ihrer Anfrage beigesteuert. Die Planfeststellungsbeschlüsse der genannten Vorhaben sind aus den Jahren 2014, 2017, 2012 und 2018. Dies verdeutlicht den eingangs beschriebenen Sachverhalt, dass die Bauumsetzung häufig erst mehrere Jahre nach dem Planfeststellungsbeschluss erfolgt. Die tatsächlichen Flächeneingriffe finden also meist deutlich nach der Beteiligung der unteren Naturschutzbehörde im Planfeststellungsverfahren statt.

 

In den Jahren 2019, 2020 und 2021 wurden vom Fachdienst Straßen folgende Baumaßnahmen fertiggestellt:

 

                      K 26 Ausbau der Ortsdurchfahrt (OD) Oberg

                      K 34 / K 35 Ausbau zwischen Bierbergen und Stedum-Bekum einschl. OD Bierbergen

                      K 41 Bau eines Radweges zwischen Ohlum und Hohenhameln und

                      K 62 Ausbau der K 20 (bei Mödesse) bis Meerdorf (einschl. Radweg)

Die erforderlichen Kompensationsmaßnahmen wurden/werden entsprechend den jeweiligen den Planunterlagen zugehörigen Landschaftspflegerischen Begleitplänen (LBP) / Landschaftspflegerischen Maßnahmen bzw. Ausführungen im Erläuterungsbericht umgesetzt.

Hierzu zählen neben u.a. der Neupflanzung von Bäumen an den Kreisstraßen auch die Bereitstellung von geeigneten Kompensationsflächen, deren Bepflanzung in Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) im Fachdienst Umwelt erfolgt.

Beispielsweise werden auf drei vom Fachdienst Straßen erworbenen Flurstücken in der „Meerdorfer Maschwiese“, die eine zusammenhängende Fläche darstellen, 8.330 m²r den Ausbau der K 62 kompensiert.

Die Kompensation der Mehrversiegelung an der K 34 wird zweigeteilt. Auf einer bereits bepflanzten Fläche in Woltorf „Am Kanal“ wurden 1.236 m² ausgeglichen. Weitere 260 m² sind von der besagten Fläche in der „Meerdorfer Maschwiese“ vorgesehen.

 

 

Da auf einer Kompensationsfläche je nach Größe oft mehrere Straßen- und Radwegebaumaßnahmen ausgeglichen werden, erfolgt die eigentliche Umsetzung, d.h. die Bepflanzung, meist erst nachdem diese komplett verplant ist. Diese Vorgehensweise führt zu einer Kostenersparnis und weniger Aufwand (Synergieeffekt).

 

r die Umsetzung der planfestgestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie die sich anschließende 3-jährige Fertigstellungspflege ist der Fachdienst Straßen verantwortlich. Nach Ablauf dieser drei Jahre übergibt der Fachdienst Straßen diese Flächen an den Fachdienst Umwelt.

Auf Grund dieser zeitlichen Verzögerungen können von der Fertigstellung einer Baumaßnahme, bei der eine Kompensation notwendig ist, bis zur Aufnahme der Ersatz- und Ausgleichsflächen in das vom FD Umwelt geführte Kompensationsverzeichnis mehrere Jahre vergehen.

 

Ziele / Wirkungen:

entfällt

 

Ressourceneinsatz:

entfällt

 

Schlussfolgerung:
entfällt


Anfrage Bündnis 90/Die Grünen vom 15.03.2022

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Anfrage B90-Grüne für ABL 26.04.2022 (1053 KB)