Inhalt

Vorlage - 2018/334  

Betreff: Projekt für Aussteigerinnen aus der Prostitution beim Landkreis Peine
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
  Aktenzeichen:Referat 3
Federführend:Gleichstellungsbeauftragte Beteiligt:Fachdienst Gesundheitsamt
Bearbeiter/-in: Lachmund, Elisabeth   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Gleichstellung, Arbeit und Soziales Vorberatung
24.09.2018 
11. Sitzung des Ausschusses für Gleichstellung, Arbeit und Soziales (offen)   
Kreisausschuss Entscheidung

Finanzielle Auswirkungen
Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
TOP5_Muster Flyer ProstSchG GA BS  
TOP5_Kosten Erstausstattung  


 

Im Budget enthalten:

nein

Kosten (Betrag in €):

10.815,00

Mitwirkung Landrat:

ja

Qualifizierte Mehrheit:

nein

Relevanz

Gender Mainstreaming

ja

Migration

ja

Prävention/Nachhaltigkeit

nein

Bildung

nein

Klima-/Umwelt-/Naturschutz

nein

 

 


 

 


Für die Umsetzung des Konzepts zur Ausstiegsberatung und- begleitung von Prostituierten im Landkreis Peine wird im Budget ab 2019 zusätzlich zu den von Land Niedersachsen finanzierten Personalkosten ein Betrag in Höhe von 6.500 € jährlich zur Verfügung gestellt. Einmalig wird für das Haushaltsjahr 2019 eine Summe von 4.315 € bereit gestellt, um die Erstausstattung der Belegwohnung sowie ein Infofaltblatt zu finanzieren.

 

 


Inhaltsbeschreibung:

 

Am 1.Juli  2017 trat  das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft. Es soll das Selbstbestimmungsrecht von Menschen in der Prostitution stärken, ordnungsrechtliche Instrumente zur Überwachung der gewerblich ausgeübten Prostitution und des Prostitutionsgewerbes verbessern. Weiter soll es die Rechtsicherheit für legale Ausübung der Prostitution verbessern und Kriminalität in der Prostitution, Menschenhandel, Gewalt, Ausbeutung und Zuhälterei, bekämpfen.

 

Was wurde beschlossen?

Flatrate-Sex ist nun verboten. Zudem benötigen die Betreiber von Bordellen eine Erlaubnis und eine Zuverlässigkeitsprüfung. Prostituierte müssen angemeldet werden. Freier müssen seit Verabschiedung des Gesetzes Kondome benutzen. Bei Zuwiderhandlung müssen die Freier, nicht aber die Prostituierten, Bußgeld zahlen. Eine wichtige Änderung, die am 1. Juli 2017 mit dem neuen Prostituiertenschutzgesetz in Kraft getreten ist, ist die Anmeldepflicht für Prostituierte bei der zuständigen Behörde (LK Peine: Ordnungsamt). Weiterhin gibt es eine verpflichtende jährliche/halbjährliche gesundheitliche Beratung durch die für den Öffentlichen Gesundheitsdienst  zuständige Behörde (LK Peine: Fachdienst Gesundheitsamt).

 

Aber, die Frauen, die sich in Deutschland prostituieren (müssen), überhaupt einmal zu erfassen, ist häufig ein Problem. Oft sind sie im Land, ohne dass eine Behörde oder gar die Polizei von ihrer Existenz überhaupt weiß. Bewusst werden sie von den Zuhältern von Bordell zu Bordell verschickt, auch, um zu verhindern, dass die Frauen Kontakte knüpfen, die ihnen beim Ausstieg helfen könnten.

 

Was machen wir im Landkreis Peine? Erst einmal genau das, was andere Kommunen auch machen:

 

  • Anmeldung von Prostitution beim Fachdienst für Ordnungswesen (15 Anmeldungen)
  • Gesundheitliche Beratung beim Fachdienst Gesundheitsamt (seit Juli 2017 gab es 25 Beratungen von Prostituierten, zwei Sozialarbeiterinnen sind Ansprechpartnerinnen, eine gesundheitliche Beratung dauert ca. eine Stunde, abhängig von den Sprachkenntnissen)

 

Warum wurde das Thema „Aussteigerinnen aus der Prostitution“ auch Thema im Gesundheitsamt?

 

Einmal, weil es nun gesetzlich vorgegebene gesundheitliche Beratung von Prostituierten gibt und weil es Ausstiegswünsche von einzelnen Prostituierten gab. Dazu eine Situationsbeschreibung aus der Beratung im Gesundheitsamt: „Es zeigen sich in der gesundheitlichen Beratung von Prostituierten vielfältige Problemlagen, die weiterführende Beratung und Begleitung erforderlich machen, z.B. die prekäre Situation osteuropäischer Frauen in der Wohnungsprostitution mit Ausstiegswunsch (nicht krankenversichert, keine Ausstiegswohnung, keine Jobangebot, kein ALGII Anspruch und mehr).“

 

Zur Ausstiegsberatung gibt es keine Erfahrungswerte, denn nur größere Städte haben auch vor in Kraft treten des Prostituiertenschutzgesetzes Beratungsstellen vorgehalten, die auch Ausstiegsberatungen anbieten, wie z.B. Solwodi in Braunschweig.

 

Was können wir tun?

 

Ausstiegskonzept  für Prostituierte im Landkreis Peine

 

  • Sicheres Wohnen:

 

Eine Belegwohnung für von Gewalt und Prostitution betroffene Frauen wird vom Landkreis Peine finanziert (befristeter Aufenthalt in dieser Wohnung: ca. 3 Monate). Der Landkreis Peine mietet von der Peiner Heimstätte unbefristet eine 1-Zimmerwohnung. Der Geschäftsführer der Peiner Heimstätte ist für dieses Projekt aufgeschlossen (Monatsmiete: 350 € warm). Nach Rücksprache mit dem Frauenhaus Peine wird bei Bedarf diese Wohnung auch für eine Frauenhausbewohnerin ohne Kinder (befristeter Aufenthalt: 3 Monate) als Übergangswohnung genutzt. Wird die Wohnung für eine Aussteigerin benötigt, wenn eine ehemalige Frauenhausbewohnerin noch in der Wohnung lebt, gibt es Übergangsreglungen: Die Aussteigerin wird übergangsweise in einer Pension untergebracht, und die ehemaligen Frauenhausbewohnerin sucht mit Hilfe des Frauenhauses schnellstmöglich eine eigene Wohnung.

Aussteigerinnen aus der Prostitution, die sich im Frauenhaus melden, werden in Absprache mit der Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes in der Belegwohnung untergebracht.

 

 

Die Finanzierung für die Wohnung übernimmt der Landkreis Peine. Die weitere Betreuung für die ehemalige Frauenhausbewohnerin übernimmt das Frauenhaus. Eine Erstausstattung der Belegwohnung (ca. 3565 €) sowie regelmäßige Renovierungsarbeiten und Ersatzbeschaffungen (350 €) sind ebenfalls in den Haushaltsansatz aufzunehmen.

 

Bei positiver  Entscheidung der Kreistagspolitik über die Finanzierung dieses Projektes lässt sich der Landkreis Peine auf die Warteliste der Peiner Heimstätte setzen. Im Übergang wird, wenn Bedarf besteht, ein Zimmer in einer Pension angemietet. Die Aussteigerin muss dort allerdings angemeldet werden (Anmeldeadresse). Nach telefonischen Rückfragen sind die Pensionen nicht sehr aufgeschlossen, Aussteigerinnen befristet bei sich unterzubringen.

 

  • Sicherung des Lebensunterhalts

 

Bei den Aussteigerinnen ist im Einzelfall zu prüfen, ob ein Anspruch nach SGB II besteht.

 

  • Begleitende Beratung (plus Angebote der Traumatherapie)

 

Aussteigerinnen aus der Prostitution werden von zwei sozialpädagogischen Mitarbeiterinnen des Gesundheitsamtes beraten. Für die begleitende Beratung, auch für Frauen, die in der Belegwohnung untergebracht werden, wird zusätzlich eine halbe Stelle im Gesundheitsamt eingerichtet, die über das Land Niedersachsen finanziert wird (26.000 €).Diese zusätzliche Mitarbeiterin im Gesundheitsamt zur Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes kann dann auch Prostituierte aufsuchen und beraten (z.B. in Love-Mobilen).

 

Zusätzlich wäre es sinnvoll, den Aussteigerinnen Traumatherapie anzubieten, auch um den Ausstieg nachhaltig abzusichern.

 

Das Ordnungsamt erhält vom Land Niedersachsen ebenfalls zur Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes eine halbe Stelle zusätzlich, sodass auch das Ordnungsamt aufsuchende Arbeit leisten kann, denn nicht alle Prostituierten sind darüber informiert, wo sie sich anmelden müssen und wo sie sich gesundheitlich beraten lassen können.

 

 

  • Begleitung durch die Polizei

 

Die Polizei Peine hat eine Ansprechpartnerin für das Projekt Aussteigerinnen aus der Prostitution benannt. Wenn die Aussteigerinnen die Belegwohnung oder Pension bezogen haben, müssen von Zeit zu Zeit Kontrollen vorgenommen werden, dass nicht eine andere Form von Wohnungsprostitution über nicht genannte Zuhälter (Cousin, Neffe, Onkel) forciert wird.

 

  • Info Faltblatt zum Prostituiertenschutzgesetz für Betroffene

 

Das Gesundheitsamt entwickelt ein Faltblatt mit Kurzinformationen für Prostituierte nach Vorbild der Stadt Braunschweig. Dieses wird von Mitarbeiter/innen des Gesundheitsamtes, des Ordnungsamtes und der Polizei bei aufsuchender Beratung und Kontrolle an Betroffene weitergegeben. Die Kosten für die Modifizierung des Faltblatts und einer Erstauflage von 1000 Stück liegen bei 200 € ohne graphischen Entwurf/1000 € mit graphischem Entwurf, Ansatz 500 €)

 

  • Zwei feste Ansprechpartnerinnen im SGB II

 

Zur sachgerechten Betreuung mit einem geringen Stellenanteil zur Jobvermittlung von Aussteigerinnen (wurde schon mit der Fachdienstleitung abgestimmt). Der große Teil der Prostituierten, auch im Landkreis Peine, kommt aus osteuropäischen Ländern. Beratungseinrichtungen haben die Erfahrung gemacht, dass diese Frauen mit eher niedrigen Qualifikationen nach Deutschland kommen und ziemlich schnell in einfache Tätigkeiten, z.B. bei Reinigungsfirmen, vermittelt werden können.

 

Um sich besser abstimmen zu können, wird das Gesundheitsamt einen Runden Tisch mit Frauenhaus, Polizei, Ordnungsamt, Gleichstellungsbeauftragte, Jobcenter und Gesundheitsamt einrichten.

 

 

Ziele / Wirkungen:

 

Verbesserung der Situation ausstiegswilliger Prostituierter durch Bereitstellung kurzfristiger Ausstiegsmöglichkeiten und Angebot von Unterstützungsmöglichkeiten.

 

 

Ressourceneinsatz:

 

Die zur Betreuung der ausstiegswilligen Prostituierten erforderlichen Personalressourcen sind im FD Gesundheitsamt vorhanden; die Personalkosten für eine halbe Stelle werden vom Land Niedersachsen getragen.

 

 

Schlussfolgerung:

 

Durch das Projekt erhalten die ausstiegswilligen Prostituierten dringend benötigte sozialpädagogisch unterstützte Ausstiegsberatung und -begleitung und die Sicherheit eines begleiteten Weges in ein neues Leben durch ein vernetztes Hilfesystem und u.a. durch die Bereitstellung einer Belegwohnung.

 

 


- Kosten für Erstausstattung Wohnung usw.

- Muster Flyer ProstSchG Gesundheitsamt Braunschweig

 

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 TOP5_Muster Flyer ProstSchG GA BS (203 KB)      
Anlage 2 2 TOP5_Kosten Erstausstattung (185 KB)