Auszug - Nachmittagsbetreuung / Gruppenarbeit an Schulen
|
Wortprotokoll |
Frau Steinebrunner-Fabian zeigt in ihrer Präsentation die engen Beziehungen, aber auch die Unterschiede auf, die zwischen den Aufgaben der Schule, der Schulsozialarbeit und den Aufgaben der Jugendhilfe in der Begleitung der Entwicklung eines Kindes/Jugendlichen bestehen. Frau Steinebrunner-Fabian macht deutlich, dass Leistungen der Jugendhilfe dabei nur zum Tragen kommen, wenn ein Bedarf festgestellt wird, der sich nach den Vorgaben des SGB VIII, den sogenannten Hilfen zur Erziehung nach §§ 27 ff. SGB VIII, ausrichtet.
Die Hilfeform der „Sozialen Gruppenarbeit“ ist nach § 29 SGB VIII zu beurteilen und definiert als eine Hilfeform, die „älteren Kindern und Jugendlichen bei der Überwindung von Entwicklungsschwierigkeiten und Verhaltensproblemen helfen. Soziale Gruppenarbeit soll auf der Grundlage eines gruppenpädagogischen Konzepts die Entwicklung älterer Kinder und Jugendlicher durch soziales Lernen in der Gruppe fördern.“
Herr Zilling (Controlling FD 34) erläutert anhand von Grafiken die bisherige Kostenentwicklung der Hilfen zur Erziehung im Bereich der Sozialen Gruppenarbeit (§ 29 SGB VIII). Danach haben sich die Kosten für die Soziale Gruppenarbeit seit 2008, also innerhalb von 2 Jahren mehr als verdoppelt.
Aus Sicht des Controllings ist eindeutig feststellbar, dass die überwiegende Zahl von Fällen des § 29 SGB VIII aus Schulprojekten, durch Anregung der Schule oder von SchulsozialarbeiterInnen (90 %) und nur ein geringer Teil aus dem Bedürfnis von Eltern oder aus der Feststellung des Allgemeinen Sozialen Dienstes des Jugendamtes oder dessen Spezialdiensten heraus zustande gekommen ist.
Herr Krenz erläutert den Unterschied zwischen (gefühlten) Bedürfnissen und dem (zur Befriedigung von Bedürfnissen objektiv erforderlichen) Bedarf. Zur Gewährung der Hilfeform der Sozialen Gruppenarbeit bedarf es nach § 29 SGB VIII ganz klarer Voraussetzungen. Eine dieser Voraussetzungen ist, dass es sich um ein „älteres Kind“ handeln muss. In Landesempfehlungen wird eine Zielgruppe ab 12 Jahren angegeben. Im Landkreis beträgt der Durchschnitt dagegen 8-9 Jahre. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Eltern (nicht Schule) einen Antrag auf Hilfe stellen, wobei dabei immer ergebnisoffen bleibt, welche passgenaue Hilfe für dieses Kind der Antragsteller (Eltern) notwendig ist. Erst der ASD entscheidet nach Prüfung, welche Hilfeform im Einzelfall geeignet ist.
Nach Ermittlungen der Jugendhilfeplanung im Allgemeinen Sozialen Dienst und der Bedarfsfestestellung in der sozialräumlichen Betrachtung ist derzeit kein zusätzlicher Bedarf an dem Angebot der Sozialen Gruppenarbeit feststellbar.
Frau Steinebrunner-Fabian betont, dass es Aufgabe des Jugendamtes ist, für jedes einzelne Kind, das Hilfe benötigt, die passgenaue Hilfe zu finden. Diesem Anspruch wird das Jugendamt gerecht, indem es unter Einbeziehung, aber unabhängig von der Beurteilung anderer fachkundiger Stellen, eine Hilfe zur Erziehung auswählt, durch die die gesetzten Ziele am besten erreicht werden können.
Insgesamt wird auf die beigefügte Präsentation „Prüfungsauftrag an die Verwaltung – Was empfiehlt der Jugendhilfeausschuss zum Thema ‚Nachmittagsbetreuung an Schulen in einer Gruppe’“ verwiesen.
In der nachfolgenden Diskussion erläutert Frau Steinebrunner-Fabian die derzeitige Situation im Landkreis Peine. Leider sind in vielen Hilfeplanverfahren die Voraussetzungen des § 29 SGB VIII falsch interpretiert worden. Bei vielen Fällen von Gruppenarbeit handelt es sich nicht um Jugendhilfe, sondern um Präventionsmaßnahmen, die keinem Hilfeplanverfahren unterworfen sind. Nachmittagsangebote der Schulen sind keine Jugendhilfe, wie es oft fälschlicherweise angenommen wird. Die ASD-Leitung wird alle Hilfeplanverfahren nach § 29 SGB VIII der Vergangenheit noch einmal bezüglich des passgenauen Hilfebedarfes überprüfen.
Herr Fechner erkundigt sich bei der Verwaltung, ob nun die laufenden Maßnahmen an den Schulen sofort gestoppt werden, bzw. ob der Landkreis sich sofort aus der Finanzierung zurückzieht. Herr Dr. Buhmann versichert, dass die begonnen Maßnahmen aus Gründen des Vertrauensschutzes selbstverständlich zu Ende geführt und finanziert werden. Aber eine weitere Zusammenarbeit in der bisherigen Form wird es nicht geben.
Herr Manns verweist auf das Regionale Integrationskonzept des Landes, das die Fortführung der Integration von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Schulen ermöglichen soll, sich in der Praxis jedoch als ein weiteres Sparprogramm der Landesregierung herausgestellt hat.
Herr Manns vertritt die Ansicht, dass die Schulen, die in vielen Fällen bereits erfolglos tätig geworden sind, hier nicht allein gelassen werden dürfen. Er hält es für dringend geboten, dass sich Schulausschuss, Jugendhilfeausschuss und Schulträger gemeinsam mit dem Umgang von sonderpädagogischem Förderbedarf beschäftigen, denn die finanziellen Probleme des Landes dürfen nicht auf die Kommunen abgewälzt werden.
Herr Fechner begrüßt eine gemeinsame Sitzung des Schul- und des Jugendhilfeausschusses und möchte das Thema auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Schulausschusses gesetzt wissen.
Herr Nolte kann das in der Präsentation beschriebene Verfahren gut nachvollziehen, bemängelt jedoch, dass die Inhalte der Berichte der Träger über die Soziale Gruppenarbeit aus der letzten Sitzung des Jugendhilfeausschusses zu kurz gekommen sind. Die Schulwirklichkeit deckt sich seiner Ansicht nach durchaus mit Tatbeständen der Jugendhilfe. Er bittet die Verwaltung, noch einmal über den tatsächlichen Bedarf an Jugendhilfe in Schulen nachzudenken.
Herr Nolte vermisst eine Aussage zu Kriterien zum gemeinsamen Vorgehen als Entscheidungshilfe für die Entwicklung von Modellen, wie auch Kinder unter 12 Jahren mit Auffälligkeiten begleitet werden können.
Herr Krenz bedauert, noch keine konkreten Kriterien nennen zu können, da sich diese erst in einem Prozess unter Beteiligung der Schulen entwickeln werden.
Im Übrigen weist Herr Krenz noch einmal darauf hin, dass allen Kindern, deren Eltern sich an das Jugendamt wenden, bei festgestelltem Bedarf eine passgenaue Hilfe angeboten wird. Das kann durchaus die Beteiligung an der Sozialen Gruppenarbeit nach § 29 SGB VIII ein, vielleicht aber auch eine andere. Es kann auch sein, dass sich Möglichkeiten vor Ort ergeben, die nichts mit Jugendhilfe zu tun haben, aber genau die richtige Hilfe für das betreffende Kind darstellt. Das Jugendamt kann kein Selbstbedienungsladen sein für alle Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen.
Frau Tödter berichtet aus der Lenkungsgruppe Prävention, an der sich auch viele Schulen beteiligen, dass dort die Ansicht vertreten wird, viele Probleme würden gar nicht erst entstehen, wenn die Schulen besser durchmischt sein und sich Schülerinnen und Schüler mit Auffälligkeiten nicht an einigen wenigen Schulen konzentrieren würden.
Herr Matzel schließt sich der Auffassung von Herrn Manns an und wünscht sich eine zeitnahe Entwicklung eines Präventionskonzepts in Zusammenarbeit mit freien Trägern, Schulen und auch Jugendhilfe, damit die nun zu entstehen drohende Versorgungslücke der 6- bis 12Jährigen bereits 2011 geschlossen werden kann.
Frau Steinebrunner-Fabian entwickelt einige Fragestellungen zum Bereich der sog. niederschwelligen Hilfen:
Welche Hilfen sind insgesamt erforderlich (Auftrag an Jugendhilfeplanung)?
Welche Hilfen gibt es bereits im sozialen Nahraum?
Welche Hilfen sind bereits abgedeckt?
Welche Hilfen sind zusätzlich erforderlich?
Herr Dr. Buhmann bekräftigt, dass sich die Jugendhilfe keinesfalls aus der Verantwortung ziehen wird, dass es allerdings darum geht, vorhandene Strukturen nutzbar zu machen, nicht nur über den Schulausschuss.
Herr Dr. Buhmann erinnert an bereits bestehende Förderungen und Hilfen, wie z.B. im Rahmen des Regionalen Integrationskonzeptes die Schaffung von 2 zusätzlichen Lehrerstunden pro Klasse an Grundschulen und von 145 zusätzlichen Stunden an der Pestalozzischule. Der Landkreis fördert die Nachmittagsbetreuung an Schulen mit 200.000 Euro. Es darf jedoch nicht dazu kommen, dass einseitig nur die Jugendhilfe angesprochen wird, wenn es um den Förderbedarf von Kindern und Jugendlichen geht. Tatsache bleibt, dass kein Kind mit individuellem Hilfebedarf nicht berücksichtigt wird.
Der Jugendhilfeausschuss beschließt, an einer Sitzung des Schulausschusses, in der das Thema Nachmittagbetreuung / Gruppenarbeit an Schulen behandelt wird, teilzunehmen.