Auszug - Präsentation/Untersuchung von Devianz zeigenden Jugendlichen und jungen Erwachsenen, TU Braunschweig, Dr. Herbert Scheibe/Julia Schmidt
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Wortprotokoll |
Das Ergebnis der vom Landkreis Peine in Auftrag gegebenen Untersuchung von Devianz (normabweichendes Verhalten) zeigenden Peiner Jugendlichen und jungen Erwachsenen wird von Herrn Dr. Scheibe und Frau Schmidt von der TU Braunschweig als Präsentation vorgestellt.
Einzelne Anfragen zu der Studie werden von Herrn Dr. Scheibe und Frau Schmidt beantwortet. Dabei werden u. a. folgende Aussagen getroffen:
- Auftragsgrundlage war eine Untersuchung bei Jugendlichen im ALG II-Bezug.
- Die Ergebnisse stützen sich auf ein halbstandardisiertes Befragungssystem (Fragebogen). Dieses beinhaltet eine freiwillige Befragung von Jugendlichen, die sowohl auf der Straße als auch in Einrichtungen angesprochen wurden, und von Experten (Einrichtungen und Dienste), ergänzt durch eine Quellenrecherche zu den Einrichtungen.
- Die befragten 9 weiblichen und 14 männlichen Jugendlichen wohnten zur Hälfte in der Kernstadt und zur anderen Hälfte im Umland. Unterschiede in den Antworten aufgrund des Migrationshintergrundes waren nicht erkennbar.
- Im Vergleich zu anderen Kommunen zeichnet sich der Landkreis Peine durch ein außerordentlich vielschichtiges Angebot für Jugendliche aus. Die Einrichtungen sind gut miteinander vernetzt.
- Es hat sich herausgestellt, dass jede/r Jugendliche mindestens ein für sie/ihn passendes Angebot der Jugendhilfe des Landkreises Peine kennt.
Im Übrigen wird auf die dem Protokoll beigefügte Kopie der Präsentation (Anlage 2) verwiesen.
Herr Dr. Buhmann erläutert, dass die Untersuchung aus der Sorge heraus in Auftrag gegeben worden ist, dass es hilfebedürftige Jugendliche geben könnte, die durch die derzeitigen Angebote der Jugendhilfe bzw., des SGB II-Trägers nicht erkannt und erfasst werden. Die Sorge scheint nach seiner Auffassung nach dem Ergebnis der Studie unberechtigt gewesen zu sein.
Darüber hinaus trägt sich die Verwaltung nach Aussage von Herrn Dr. Buhmann mit dem Gedanken, durch neuartige Projekte mit niederschwelligen Angeboten noch mehr Jugendlichen aus ihrer schwierigen Situation herauszuhelfen. Anlass dazu bot das von der Caritas in der Nähe von Magdeburg durchgeführte erfolgreiche Modellprojekt „Lehrbauernhof“.
- In diesem Sinne könnten in den Jugendwerkstätten des Landkreises Peine den Jugendlichen lebenspraktische Tätigkeiten angeboten werden, die sie langsam an einen geregelten Arbeitsalltag gewöhnen lassen, indem auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Jugendlichen beispielsweise durch stundenweise Beschäftigungen flexibel eingegangen werden kann.
- Im FD 33 ist bereits das naturnahe Projekt „Ökologie und Qualifizierung im Gartenbau“ konzipiert worden, das Jugendlichen die Möglichkeit geben wird, eine Qualifikation als „Umwelt-Ranger“ zu erreichen. Das Projekt wird nach den Sommerferien starten.
- Weitere Überlegungen weisen in die Richtung, Jugendliche aus Einrichtungen zu sogenannten Integrationslotsen auszubilden.
Herr Matzel greift den vorab geäußerten Gedanken von Herrn Hoffmann zur Notwendigkeit eines früheren Einsetzens von Hilfen im Sinne des Präventionsgedankens auf und kritisiert, dass die aus dem Workshop 2008 entwickelte Forderung nach der Einrichtung von Familienzentren offensichtlich nicht weiterverfolgt worden ist.
Frau Chmielnik nimmt Bezug auf Ziffer XI der Präsentation der Devianzstudie und betont, dass es eine Langfristigkeit oder Nachhaltigkeit von Hilfen nur geben kann, wenn die emotionale Intelligenz von Kindern frühzeitig durch den Aufbau und die qualitative Festigung von Bindungen und Beziehungen gefördert wird.
Herr Dr. Buhmann erinnert an die Einrichtung des Familienzentrums in der Südstadt, dem nach Planungen der Stadt Peine ein zweites im Stadtgebiet folgen soll. In Lengede wird ein Ausbau von Kindertagesstätten in Richtung Familienzentren ebenfalls angestrebt. Andere Gemeinden haben ähnliche Vorstellungen. Tatsache ist, dass sich der Landkreis Peine aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht beteiligt.
Zum Thema Langfristigkeit bedauert Herr Dr. Buhmann, dass die staatlichen Förderstrukturen es in der Regel nicht ermöglichen, Jugendliche länger als etwa ein halbes Jahr in Förderprojekten zu behalten. Die Rahmenbedingungen der „Fördertöpfe“ sind ein wesentlicher Gestaltungsfaktor für die Projekte.
Frau Chmielnik präzisiert, dass es ihr bei der Langfristigkeit um den Aufbau von emotionalen Beziehungen geht, der sich nach ihren Erkenntnissen derzeit nicht in staatlichen Förderprogrammen wiederfindet. Sie bietet sich als Ansprechpartnerin für diejenigen an, die sich mit dem Thema auseinandersetzen möchten.
Herr Fechner dankt zum Abschluss der Diskussion Herrn Dr. Scheibe und Frau Schmidt für ihren Vortrag.