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Auszug - Kinder und Jugendliche mit besonderen Schwierigkeiten - Unterstützung durch das Jugendamt - Förderbedarf soz. und emotionale Entwicklung - Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche nach § 35 a SGB VIII  

Jugendhilfeausschuss
TOP: Ö 6
Gremium: Jugendhilfeausschuss Beschlussart: zur Kenntnis genommen
Datum: Di, 18.09.2007 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:15 Anlass: Sitzung
Raum: Gr. Sitzungssaal
Ort: Gr. Sitzungssaal
 
Wortprotokoll

Herr Maliers erläutert in seinem Vortrag zunächst kurz Inhalt und Hintergründe des § 35 a SGB VIII, der als gesetzliche Grundl

Herr Maliers erläutert in seinem Vortrag zunächst kurz Inhalt und Hintergründe des § 35 a SGB VIII, der als gesetzliche Grundlage bestimmte Handlungen zwingend erfordert, bevor er beispielhaft aus der Praxis anschaulich und eindrucksvoll den persönlichen Werdegang, die Hilfemaßnahmen in jeder Form (öffentlicher Jugendhilfeträger, Schule, Eltern, Therapieeinrichtungen, etc.) und die Perspektiven von zwei betroffenen Kindern/Jugendlichen (Emma und Martin) beschreibt. Es bleibt offen, ob und inwieweit die Jugendhilfemaßnahmen dabei helfen konnten und können, den Kindern/Jugendlichen zu einem späteren eigenständigen Leben zu verhelfen. Doch Tatsache ist, dass die Kinder/Jugendlichen ohne Hilfe in jedem Fall ohne jegliche Zukunftsperspektive geblieben wären. Insgesamt ist Herr Maliers der festen Überzeugung, dass durch heute gewährte (leider oft kostenintensive) Hilfen, vielen Kindern/Jugendlichen ein späteres Leben außerhalb von Hartz IV ermöglicht wird. Dadurch werden enorme Ausgaben in der Zukunft verhindert.

 

Herr Maliers stellt ein Präventions-Projekt vor, das in Kooperation mit der Grundschule Adenstedt durchgeführt wurde. Dabei wurden Kinder, die augenscheinlich einer besonderen Förderung bedurften, separat durch eine vom Jugendamt gestellte Therapeutin betreut. Ziel ist, möglichst früh hilfebedürftige Kinder kennenzulernen und entsprechend zu fördern, um spätere kostenintensivere Hilfemaßnahmen zu verhindern. In Zusammenarbeit mit der Erziehungsberatungsstelle ist eine Ausweitung des Präventionsprojektes auf andere Schulen und Kindertagesstätten geplant.

 

Auf die dem Protokoll beigefügte Abschrift der Präsentation wird verwiesen.

 

Frau Rump beschreibt die Arbeit des Teams „Förderschule E“ anhand einer Präsentation, deren Abschrift dem Protokoll beigefügt ist. Das verteilte „Hilfekonzept der aufsuchenden Intensivbetreuung von Hochrisikofamilien mit dem Förderbedarf soziale und emotionale Entwicklung ihrer Kinder“ ist ebenfalls dem Protokoll beigefügt.

 

Frau Steinebrunner-Fabian kündigt eine Intensivierung der Kooperationen mit freien Trägern und Schulen an, um die notwendigen Hilfen so früh wie möglich wirksam werden zu lassen. Ziel ist es, den Kindern und Jugendlichen das Elternhaus zu erhalten, und die Eltern zu befähigen, ihre Erziehungsverantwortung wahrnehmen zu können.

 

Auf Nachfrage beziffert Herr Maliers die Kosten für den beispielhaften therapeutischen Heimplatz für Emma aufgrund der besonderen erforderlichen Fachkräfte auf rd. 60.000 Euro/Jahr. Ein „normaler“ Heimplatz kostet im Monat rd. 3.400 Euro. Die Fallzahlen im Bereich des § 35a SGB VIII sind insgesamt gestiegen, doch darf nach Ansicht von Herrn Maliers nicht aus dem Auge verloren werden, dass die heutigen frühen ambulanten Maßnahmen dazu beitragen, dass spätere weitaus kostenintensivere stationäre Hilfen verhindert werden können.

 

Die Kostensteigerung gerade im Bereich des § 35a SGB VIII hat verschiedene Ursachen. Zum einen sind die stationären Unterbringungen in diesen Fällen bisher unter dem § 34 SGB VIII „verbucht“ worden. Die nun korrekte Zuordnung, die Tatsache, dass ein intensiver Fall teilweise bis zu 10 Wochenstunden eines Sozialarbeiters binden kann, und die derzeitige Rechtssprechungspraxis der Gerichte haben insgesamt zu höheren Kosten geführt.

 

Herr Fechner bittet die Verwaltung, dem Jugendhilfeausschuss folgende Daten mitzuteilen:

 

  1. Übersicht über die Fallzahlen im Zusammenhang mit § 35a SGB VIII (auch Ablehnungen)
  2. Übersicht über die Herkunft und die Art der Anträge
  3. Beschreibung des Antragsverfahrens
  4. Beschreibung der Organisation
  5. Übersicht über die Zuordnung der Aufwendungen

 

Unter Hinweis auf das von Herrn Maliers vorgestellte Projekt in der Grundschule Adenstedt erinnert Herr Fechner an die Pflicht der Schulen, in Landeszuständigkeit teilleistungsgestörte Kinder zu fördern. Die Schulen kommen seiner Ansicht nach ihrer Verpflichtung nicht nach. Die von der Kreisvolkshochschule angebotenen Lehrerfortbildungskurse zum Lernentwicklungshelfer werden seines Wissens nicht von allen Schulen und nicht in dem erforderlichen Maße genutzt. Herr Fechner befürchtet, dass das Jugendamt des Landkreises Peine durch die grundsätzlich begrüßenswerten Projekte mehr und mehr die Rolle eines Ausfallbürgen für das Land in den Schulen einnehmen könnte.

 

Frau Steinebrunner-Fabian kann die Befürchtung von Herrn Fechner nachvollziehen, rechtfertigt die Projekte jedoch angesichts der ohne Tätigwerden des Jugendamtes zu erwartenden späteren Schäden in finanzieller und vor allem gesellschaftlicher Hinsicht. Sie weist auf die derzeit in Entwicklung begriffenen Konzepte mit freien Trägern hin, die dieses Problem beinhalten und der Unterstützung von Lehrkräften dienen sollen.

 

Herr Maliers verdeutlicht, dass sich engagierte Lehrer oft allein gelassen fühlen und dankbar für jede Unterstützung sind. Die Erfahrung zeigt, dass konkret unterstützte Lehrer motiviert und eigenständig weiterarbeiten und gute Ergebnisse in der Förderung von teilleistungsgestörten Kindern erzielen.

 

Herr Dr.  Buhmann nimmt die Diskussion als Anregung, mit dem Ministerium über eine finanzielle Unterstützung des Präventionsprojektes zu verhandeln, da die konkrete fiskalische Zuständigkeit tatsächlich umstritten zu sein scheint.