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Auszug - Antrag der CDU/FDP-Gruppe im Kreistag Peine auf Erhalt des Schulzweiges Förderschule Lernen an der Pestalozzischule Peine über das Schuljahr 2027/2028 hinaus  

5. Sitzung des Kreistages des Landkreises Peine
TOP: Ö 6
Gremium: Kreistag des Landkreises Peine Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Mi, 22.06.2022 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 18:00 - 20:35 Anlass: Sitzung
Raum: Aula des Ratsgymnasiums
Ort: Burgstraße 2, 31224 Peine
2022/018 Antrag der CDU/FDP-Gruppe im Kreistag Peine auf Erhalt des Schulzweiges Förderschule Lernen an der Pestalozzischule Peine über das Schuljahr 2027/2028 hinaus
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Federführend:Fachdienst Schule, Kultur, Sport Bearbeiter/-in: Stein, Kerstin
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Kreistagsvorsitzender Marotz erklärt, dass der Kreisausschuss die Ablehnung des Antrages der CDU/FDP-Gruppe empfehle.

KTA Plett erläutert noch einmal den vorliegenden Antrag der CDU/FDP-Gruppe im Kreistag. Er nennt im Anschluss drei wesentliche Argumente zum Erhalt des Schulzweiges Förderschule Lernen an der Pestalozzischule über das Schuljahr 2027/28 hinaus.

  1. Die Beschulung erfolge in kleineren Klassen (max. 16 Kinder) gegenüber einer Beschulung in einer Hauptschule (max. 26 Kinder). Die Kinder würden während der gesamten Unterrichtszeit entsprechend ihres sonderpädagogischen Förderbedarfes unterrichtet. In einer Hauptschule würden den Kindern nur 2 bis 3 Stunden/Woche sonderpädagogischer Förderbedarf zukommen.
  2. Fachkräfteeinsatz: Lehrkräfte könnten bei den Kindern einen ganz anderen Erfolg erzielen, wenn sie diese entsprechend ihres sonderpädagogischen Förderbedarfes während der gesamten Unterrichtszeit unterrichten würden.
  3. Freier Elternwille: Die Inklusion finde bereits im Regelschulsystem statt. Hier ginge es jedoch darum, den Eltern eine Wahlfreiheit für ihr Kind zur Verfügung zu stellen. Diese Entscheidung dürfe den Eltern nicht aus der Hand genommen werden.

Bereits jetzt würden der Pestalozzischule 15 Anmeldungen für das neue Schuljahr vorliegen. Dies sei vor dem Hintergrund, dass maximal 16 Kinder eine Klasse besuchen könnten und ab dem 17. Kind die Klasse geteilt werden müsse, anders zu interpretieren, als Anmeldezahlen an Regelschulen.

Alle diese Argumente sollten Motivation für den Kreistag sein, eine entsprechende politische Willensäerung zu geben. Die Entscheidung treffe letztendlich dann der Landtag.

 

KTA Weigand erklärt, dass der vorliegende Antrag der CDU/FDP-Gruppe faktisch keinerlei Auswirkungen auf den Fortbestand der Pestalozzischule hätte, da die Entscheidung bereits im Niedersächsischen Landtag gefallen sei.

Laut den UN-Behindertenkonventionen müssten Menschen mit und ohne Behinderung gleichermaßen Zugang zu allen gesellschaftlichen Bereichen haben. Kinder dürften daher aufgrund von Behinderungen nicht vom obligatorischen und unentgeltlichen Besuch der Grundschulen oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden. Dieser Artikel 24 Absatz 2a sei die Grundlage für die Entscheidung des Landes gewesen. Inklusion bedeute, dass alle Bereiche so ausgestattet würden, dass es keine Rolle spiele, ob ein Mensch besondere Bedarfe hätte oder nicht. Bisher sei es versäumt worden, Schulen so angemessen mit Ressourcen auszustatten, dass echte Inklusion störungsfrei stattfinden könne. Es sei keine Lösung, zurück zum Förderschulsystem zu gehen.

KTA Weigand weist zudem darauf hin, dass Kinder mit Förderbedarf an Hauptschulen doppelt gezählt würden, sodass eine Klassenstärke von 26 nicht erreicht würde.

Die Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen werden den vorliegenden Antrag daher ablehnen.

 

KTA Ilse Schulz stellt fest, dass der Begriff Inklusion im Schulumfeld zu einem Reizwort geworden sei und zu Recht zunehmend kritisch hinterfragt werde. KTA Ilse Schulz wird dem vorliegenden Antrag daher zustimmen. Als Grundsatz pädagogischen Handelns hätte sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass sich das System Schule dem Kind anzupassen hätte und nicht umgekehrt. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen würden, sei das System Schule intakt. Die Abschaffung der Förderschule Lernen offenbare das Dilemma. Die wegen fehlender Ressourcen unzulängliche inklusive Beschulung bedeute einen Nachteil für die Kinder mit Beeinträchtigungen und die Kinder ohne Beeinträchtigungen. Die Umsetzung des pädagogischen Grundprinzips des Nachteilsausgleiches sowie die Beseitigung des im Grundgesetz verankerten Benachteiligungsverbotes würden verhindert. Auch das Wahlrecht der Eltern würde nicht berücksichtigt. In der UN-Konvention zur Inklusion ginge es elementar darum, Menschen mit Behinderungen Zugang zum staatlichen Bildungssystem zu ermöglichen. Etablierte Förderschulen würden längst zum Standard gehören und in der Konvention auch nicht als Form der Diskriminierung angesehen.

 

KTA Reimers stimmt der Aussage von KTA Weigand zu, dass es sich hierbei um Landesrecht handele. Die inklusive Beschulung sei aufgrund mangelnder baulicher Maßnahmen eine Katastrophe. Sie selbst habe deshalb einen Hospitationstermin der Pestalozzischule nicht wahrnehmen können. Der Landkreis Peine hätte 2014 die sozialpolitischen Leitlinien beschlossen. Demnach sollten mittel- bis langfristig Krippen, Kindergärten und Schulen im Landkreis Peine personell und materiell so ausgestattet sein, dass sie in der Lage seien, Kinder mit Behinderungen genauso selbstverständlich aufzunehmen, wie Kinder ohne Behinderungen. KTA Reimers vertraue dahingehend der Landkreisverwaltung und werde dem vorliegenden Antrag daher nicht zustimmen.

 

KTA Hebbelmann betont, dass sich der Landkreis Peine als Schulträger im Rahmen seiner Argumentation alleine auf die Schülerzahlen und das Niedersächsische Schulgesetz konzentriere. Die Schülerzahlen der Pestalozzischule würden eine deutliche Sprache sprechen. Die Klassenstärke reiche nicht aus, um die gesetzlichen Vorgaben für eine Fortführung der Schule zu erfüllen. Zudem werde dem Schulträger von Seiten des Landes auch kein Ermessen eingeräumt, diese Schule über das Schuljahr 2027/28 hinaus fortzuführen.

Das Thema Inklusion hätte an den Schulen in Niedersachsen in den letzten 10 Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen und sei zum festen Bestandteil des schulischen Alltags geworden. Gerade die Integration der Schülerinnen und Schüler mit dem Förderbedarf Lernen gelinge im schulischen Alltag sehr gut. Studien hätten ergeben, dass gerade Kinder mit diesem Förderbedarf besser lernen würden, wenn sie inklusiv beschult würden. Kinder ohne Förderbedarf würden deshalb nicht schlechter lernen.

Die Realität zeige zudem, dass die Klassenstärken in den Hauptschulen deutlich geringer ausfielen, als von KTA Plett angegeben. Die vorhandenen Förderschullehrkräfte sollten in den Regelschulen eingesetzt werden, wo sie im Rahmen der Inklusion am dringendsten benötigt würden. KTA Hebbelmann weist auch darauf hin, dass sich der freie Elternwille in den Anmeldezahlen widerspiegele. Im Landkreis Peine würden über 90 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit dem Förderbedarf Lernen an Regelschulen beschult. Die SPD-Kreistagsfraktion lehne den vorliegenden Antrag daher ab.

 

KTA Engelhardt teilt mit, dass sein Sohn die Pestalozzischule besucht und dort sehr gute Erfahrungen gemacht hätte. Er plädiere dafür, bei dem bisherigen erfolgreichen System zu verbleiben. Daher werde er dem vorliegenden Antrag zustimmen.

 

Der Kreistag beschließt im Anschluss entsprechend des Beschlussvorschlages des Kreisausschusses mehrheitlich bei 26 Ja-Stimmen und 21 Nein-Stimmen, den vorliegenden Antrag der CDU/FDP-Gruppe abzulehnen.

 

 


Beschluss:

Dem Antrag der CDU/ FDP-Gruppe im Kreistag Peine vom 24.01.2022, dass sich der Kreistag des Landkreises Peine für den Erhalt des Förderschulzweigs Lernen der Pestalozzischule Peine über das Schuljahr 2027/2028 hinaus einsetzt, wird nicht entsprochen.


Abstimmungsergebnis:
Mehrheitlich

 

Ja-Stimmen:

 

26

Nein-Stimmen:

 

21

Enthaltung/en:

 

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