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Auszug - Insolvenzverfahren Klinikum Peine gGmbH - Ergänzungsvorlage  

19. Sitzung des Kreistages des Landkreises Peine
TOP: Ö 7
Gremium: Kreistag des Landkreises Peine Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Mi, 20.05.2020 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 18:00 - 20:10 Anlass: Sitzung
Raum: Gebläsehalle Ilseder Hütte
Ort: Ilseder Hütte 14, 31241 Ilsede
2020/644-01 Insolvenzverfahren Klinikum Peine gGmbH - Ergänzungsvorlage
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
  Bezüglich:
2020/644
Federführend:Fachdienst Finanzen Bearbeiter/-in: Scholz, Imme
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

KTA Plett bittet Herrn Dr. Tenzer um eine genauere Erläuterung der Zahlen hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung des Klinikums.

Herr Dr. Tenzer erläutert, dass die Abschätzung, wo die Krankenhäuser generell am 31.12.2020 finanziell stehen werden, aufgrund der Umstellung der Pflegefinanzierung in diesem Jahr sowie der Corona-Krise sehr schwierig sei. Die Wirkung der Krise sei schwer abzuschätzen. Weiterhin seien die Aufwände für die Sanierung derzeit nicht ganz fassbar. Laut der AKH-Gruppe Celle liege derzeit ein prognostiziertes jährliches Minus in Höhe von 7 Mio. Euro vor.

 

KTA Hoffmann dankt dem Kreistag, dem Landrat sowie allen Beteiligten des Verfahrens. Das bisherige Verfahren habe gezeigt, dass mit einer intensiven Diskussion sehr schnell ein einheitliches Ergebnis erreicht werden könne. Die Diskussion sei von einer großen Einigkeit geprägt worden. Der heute zu fassende, wesentliche Beschluss beinhalte das deutliche Signal, dass die gesamte kommunale Ebene des Landkreises Peine mit großer Einigkeit erkläre, dass das Klinikum Peine wieder in kommunaler Hand geführt werden soll. Die SPD habe aus den Erfahrungen mit der AKH-Gruppe entnommen, dass auch die kommunale Sicht auf die Krankenhäuser einen entsprechenden Einfluss habe. Die Interessen des Landkreises Celle seien nicht immer deckungsgleich mit denen des Landkreises Peine gewesen. Der SPD sei wichtig, dass, aufgrund der bisherigen Erfahrungen, dauerhaft ein maßgeblicher Einfluss auf das künftige Schicksal des Klinikums beibehalten werde. Die SPD verschließe sich jedoch nicht gegenüber Gesprächen mit Dritten, da Zweifel beständen, ob die Kreisverwaltung mit sofortiger Wirkung ein Klinikum leiten könne. Es werde eine neue Führung vor Ort im Peiner Klinikum benötigt. Eine gute Geschäftsführung und gute Chefärzte seien wichtig für eine gute Perspektive des Klinikums, dessen Zukunft auch vom Personal des Klinikums bestimmt werde, welches sich dort täglich aufopfere. Auch die Bindung und die Akzeptanz für das angestrebte Konzept in der Bevölkerung spiele eine tragende Rolle, ohne welche die Investitionen keinen Nutzen habe.

 

KTA Sachtleben betont die Wichtigkeit der heute zu treffenden Entscheidung für die Zukunft, welche keine wirtschaftliche, sondern eine politische Entscheidung darstelle. Die heute diskutierte Übernahme stelle auch eine Entscheidung für die Rekommunalisierung dar. Die aktuelle Pandemie erhöhe zudem den Zuspruch für das Klinikum Peine, da der Landkreis Peine ansonsten der einzige Landkreis ohne eigenes Krankenhaus wäre. Er betont, dass eine gute Grund- und Regelversorgung am Peiner Standort etabliert werden müsse und stimmt dem vorgeschlagenen Konzept von Herrn Dr. Tenzer zu. Die wirtschaftspolitischen Verhältnisse seien derzeit für das Gesundheitswesen schwierig. Wenn das Klinikum Peine gehalten werde, stelle dies jedoch auch eine Chance für das Etablieren des Gesundheitssystems als kommunalen Daseinsvorsorge dar.

 

KTA Samieske dankt insbesondere den Beschäftigten des Klinikums Peine. Er betont, dass ein breites Aufstellen sowie ein zukunftsorientierter Blick wichtig seien. Auch die Ideen hinsichtlich eines Ausbildungszentrums, eines Infektionskrankenhauses oder einer Kinder-Psychiatrie seien zukunftsorientiert. Eine regional übergreifende Zusammenarbeit stelle ebenfalls einen wichtigen Punkt dar. Um Wartezeiten zu reduzieren, könne eine Zusammenarbeit mit dem Ärztezentrum angestrebt werden. Herr KTA Samieske schätzt, dass die Kreisverwaltung in der Lage sei, die Verwaltung des Krankenhauses zu bewältigen. Die Daseinsvorsorge dürfe nicht dem Erreichen von Profit dienen und demnach sei eine Privatisierung nicht der gangbare Weg. Angestrebt werde ausschließlich eine Führung in kommunaler Hand, weswegen hier keine Zustimmung für die Beschlussvorlage erfolgen werde.

 

KTA Schulz äußert, dass der heutige Beschluss eine Willensbekundung und noch keine endgültige Entscheidung darstelle. Diese drücke jedoch den geeinten Willen der Kreispolitik zum Erhalt des Klinikums aus. Im Namen der Freien Bürger Ilsede bekenne sie sich eindeutig zum Erhalt dessen. Das Verfahren rund um das Klinikum ziehe sich bereits seit der Sitzung des Kreistages im Jahr 2018 hin, welche die Insolvenzandrohung thematisierte. Die Unsicherheit habe dem Ansehen des Klinikums Peine nicht gutgetan. Die hierdurch entstandene Eigendynamik betreffe insbesondere die Belegschaft des Klinikums und habe bisher nicht gestoppt werden können. Die Bürgerinnen und Bürger würden noch immer den Verkauf des Klinikums im Jahr 2003 sowie die Rolle des Landkreises Peine im Aufsichtsrat hinterfragen. Die aktuelle Insolvenz könne jedoch auch eine Chance sein. Frau KTA Schulz erinnert an die Aussage des Staatssekretärs Herrn Scholz vom 22.05.2019, welcher ein Angebot hinsichtlich einer Regel- und Grundversorgung für etwa 80.000 Menschen im Klinikum Peine vorgeschlagen habe. Durch die Zahl der Seniorenheime im Landkreis sowie dem demografischen Wandel stelle der Geriatrie-Bereich eine wichtige Ausrichtung dar. Die Stellungnahme der Peiner Ärztestaffel hinsichtlich des vorgeschlagenen Medizinkonzeptes gebe Hoffnung. Zudem sei wichtig, sich um die Ausbildung von Fachärzten und Pflegefachkräften sowie im Bereich der Inneren Medizin zu kümmern. Veränderungen im Klinikum Peine seien unumgänglich und eine strukturelle Neuausrichtung stehe an, bei welcher die Belegschaft jedoch gehalten werden müsse. Die emotionale Bindung der Menschen im Landkreis zu einem wohnortnahen Krankenhaus sorge für eine große Zustimmung hinsichtlich des Erhaltes.

 

Herr EKR Heiß äußert sich zum Verkauf des Klinikums im Jahre 2003 dahingehend, dass sich der Landkreis Peine damals in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden habe und die Entwicklung mit der AKH-Gruppe Celle so nicht zu erwarten gewesen sei. Hinsichtlich des Aufsichtsrates erläutert Herr Heiß, dass dem Landkreis Peine nur ein Platz mit beratender Stimme gehöre. Eine Steuerung der Geschäfte sei aus dieser Position heraus nicht möglich. Die bekannte Situation der defizitären Bilanzen sei im Jahr 2018 durch einen neuen Vorstand erkannt worden. Diese Situation müsse auch heute noch bewältigt werden und sei damals, auch für den Wirtschaftsprüfer, nicht erkennbar gewesen. Der Blick nach vorne sei nun wichtig. Auch der Oberbürgermeister von Brauschweig begrüße das gemeinsame Eintreten von Stadt und Landkreis Peine für das Klinikum und biete seine Hilfe bei dem anstehenden Umstrukturierungsprozess an.

 

KTA Jakubowski schließt sich den Worten von Herrn EKR Heiß an. Der Blick in die Zukunft sei nun wichtig. Die AfD-Fraktion bedauere die Geschwindigkeit der zu erfolgenden Entscheidungen, stimme der Beschlussvorlage insgesamt jedoch zu. Zugrunde liege bei allen Überlegungen, dass den Beschäftigten des Klinikums so ein hohes Maß an Sicherheit gegeben werde. Sollten die finanziellen Zugeständnisse der Gemeinden und des Landes jedoch nicht durchgeführt werden, würde dies zu einem Desaster führen und dies gelte es zu vermeiden. Die seitens des Landes vorgesehene Förderung durch Investitionsfinanzierung, Mietforderung oder durch Wiederbeschaffung von kurzfristigen Anlagegütern werde laut Sozialministerium voraussichtlich erst im Jahr 2022 fließen. Zu bedenken sei zudem, dass das Land für den Kaufpreis und die Übernahme des Millionendefizits nicht zur Verfügung stehe. Die AfD-Fraktion spreche sich jedoch für den Erhalt des Klinikums aus. Bei allen Schritten müsse dieser Weg jedoch gesichert und kontrolliert gegangen werden.

 

KTA Kramer weist auf die hohe Belastung der Arbeitswelt in den vergangenen Wochen hin. Er dankt daher insbesondere dem Pflegebereich, dem medizinischen Bereich, dem Landrat, der Kreisverwaltung sowie dem Krisenstab für die geleistete Arbeit und spricht seine Anerkennung aus. Hinsichtlich der Beschlussvorlage stellt er fest, dass das Krankenhaus im Landkreis benötigt werde. Die Entscheidung sei jedoch nicht rein politisch, da eine solche Entscheidung immer wirtschaftliche und finanzielle Folgen habe. Verzichte und Einschränkungen in anderen Bereichen seien dadurch unabwendbar. Die AKH-Gruppe Celle habe das Peiner Klinikum vernachlässigt. Celle habe nach 2009 keine Fördermittel mehr für das Klinikum Peine beantragt. Die Zusage für die Sanierung der drei OP-Sääle in Höhe von 10 Mio. Euro bestehe laut Gesundheitsministerium noch immer. Es sei jedoch fraglich, ob in einem laut Fachleuten zum großen Teil technisch überholten Gebäude der Einbau von Technik, welche auf dem neuesten Stand ist, sinnvoll sei. Hier müssten umgehend Planungen vorgenommen und Anträge gestellte werden. Ein ordnungsgemäßer Stand der Technik müsse garantiert werden. Der Rückkauf des Krankenhauses in die öffentliche Hand erfolge nun über den Landkreis, die Gemeinden sowie die Bürgerinnen und Bürger. KTA Kramer weist darauf hin, dass die Beschlüsse des Rates hinsichtlich der angestrebten finanziellen 70 zu 30 Aufteilung zwischen Landkreis und Stadt Peine noch fehlen würden. Es liege noch keine Beteiligungszusage der Bürgermeister vor. Die CDU-Fraktion traue der Kreisverwaltung keine erfolgreiche betriebswirtschaftliche Führung sowie den Kreistagsabgeordneten keine fachlich fundierte Kontrolle eines Krankenhauses zu. Hier seien gute Fachleute gefordert. Herr Kramer weist weiterhin auf die Besonderheit der Vorlage hinsichtlich des Elisabeth Vinzenz Verbundes hin. Die CDU-Fraktion stimmt der Vorlage zu und empfiehlt, einen Kompromiss hinsichtlich einer Minderheitsbeteiligung sowie eines Mitspracherechts mit dem Elisabeth Vinzenz Verbund zu finden. Das wirtschaftliche und finanzielle Risiko könne in den nächsten Jahren an die diesen übertragen werden.

 

Herr EKR Heiß weist darauf hin, dass die in der Vorlage vorgestellten erforderlichen Finanzmittel bereits im Haushalt verankert seien. Die grundsätzliche Entwicklung der kommunalen Haushalte sei in den nächsten Jahren fraglich, es seien jedoch Einschränkungen zu erwarten. Der heutige Beschluss sei zwingend notwendig, da ab dem 01.06.2020 der Übergang in das geregelte Insolvenzverfahren stattfinde. Ohne einen entsprechenden Hinweis würde der Sachwalter das Verfahren schließen. Der Beschluss verdeutliche somit, dass der Landkreis und die Stadt hinter dem Klinikum stehen.

 

KTA Belte teilt mit, dass die Fraktion der Peiner Bürgergemeinschaft und der Piraten dem Erhalt und der Übernahme ohne Einschränkungen für notwendig erkläre und der Vorlage zustimmen werde. Finanzielle Einschränkungen seien hinzunehmen. Die Chance müsse genutzt werden, das Klinikum wieder in eine eigene kommunale Gesellschaft zu übernehmen und gemeinsam mit der Stadt sowie den Kreisgemeinden eine gute medizinische Versorgung des Landkreises, den Erhalt der Arbeitsplätze und eine bessere Zukunft des Klinikums zu sichern. Gespräche und Beteiligungen mit einer privaten Krankenhausgesellschaft seien aufgrund der vorliegenden Informationen auszuschließen, da hierdurch Verhältnisse wie mit der AKH-Gruppe Celle drohen würden.

 

KTA Cavalli äußert die Zustimmung der FDP-Fraktion hinsichtlich der Beschlussvorlage und spricht sich für den Erhalt des Klinikums aus. Das Medizinkonzept erscheine schlüssig und eine Sicherstellung der Krankenhausversorgung sei alternativlos. Fraglich sei eine mögliche Führung durch die Kreisverwaltung, ein entsprechender Partner könne daher sinnvoll sein. Eine Verhandlung mit dem Elisabeth Vinzenz Verbund werde daher als positiv angesehen. Herr KTA Cavalli dankt insbesondere der Belegschaft des Klinikums, dem Landrat, dem Ersten Kreisrat sowie der gesamten Kreisverwaltung für die geleistete Arbeit.

 

Kreistagsvorsitzender Marotz weist darauf hin, dass bereits alle Aspekte in der erfolgten Diskussion angesprochen worden seien. Er erläutert den Beschlussvorschlag für die Zuschauerinnen und Zuschauer. Aufgrund der zahlreichen bereits abgegebenen Erkärungen durch die Kreistagsabgeordneten schlägt Herr Kreistagsvorsitzender Marotz den Ausfall des nichtöffentlichen Teils vor, dieser betrifft die Tagesordnungspunkte 8 und 9. Hierzu gibt es keine Gegenreden. Der Ausfall des nichtöffentlichen Teils wird daher beschlossen.

 

Herr KTA Samieske stellt einen Antrag gemäß der Geschäftsordnung auf getrennte Abstimmung hinsichtlich der Beschlussvorlage. Hierzu gibt es keine Gegenrede.

Es wird einstimmig bei zwei Enthaltungen beschlossen, dass über die einzelnen Punkte der Beschlussvorlage 2020/644-01 getrennt abgestimmt wird.

 

 


Beschluss:

1. Die Verwaltung wird beauftragt, Verhandlungen mit dem Elisabeth-Vinzenz-Verbund

    hinsichtlich einer partnerschaftlichen, nachhaltigen und zukunftsfähigen Weiterentwicklung    

    des Klinikums Peine aufzunehmen. Eine dauerhafte, gesellschaftsrechtlich abgesicherte   

    Einflussnahme des Landkreises auf das Unternehmen ist dabei zwingend.

2. Parallel wird die Verwaltung beauftragt, den Kauf der Klinikum Peine gGmbH 

    vorzubereiten.

3. Voraussetzung für den Erwerb ist weiterhin, dass die Stadt Peine eine dauerhafte 

    Beteiligung an der Klinikum Peine gGmbH zusagt.

4. Die Verwaltung wird beauftragt, Vorbereitungen zur Herstellung der Betriebsfähigkeit

    durch entsprechende Ausschreibungen einzuleiten.

 

 


Abstimmungsergebnis:

 

Zu 1.

 

 

 

 

 

 

 

 

Ja-Stimmen:

 

46

Nein-Stimmen:

 

3

Enthaltung/en:

 

-

Zu 2.

 

 

 

 

 

 

 

 

Ja-Stimmen:

 

49

Nein-Stimmen:

 

-

Enthaltung/en:

 

-

Zu 3.

 

 

 

 

 

 

 

 

Ja-Stimmen:

 

49

Nein-Stimmen:

 

-

Enthaltung/en:

 

-

Zu 4.

 

 

 

 

 

 

 

 

Ja-Stimmen:

 

49

Nein-Stimmen:

 

-

Enthaltung/en:

 

-