Kinderarmut
Prävention und Linderung der Folgen von Kinderarmut
Kinderarmut ist seit einigen Jahren ein wichtiges Thema im Landkreis Peine.
Die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen, die von Armut bedroht sind, wurde seit einigen Jahren kontinuierlich untersucht.
Einen ersten Überblick gab der Bericht zur Armutssituation aus dem Jahr 2012. Eine Aktualisierung erfolgte im Jahr 2016 .
Die jetzt verabschiedeten Leitlinien stellen einen wichtigen Schritt dar, um die Rahmenbedingungen für die kindheitsbezogene Armutsprävention zu verbessern.
Leitlinie zur Prävention von Kinderarmut und zur Linderung der Folgen von Kinderarmut
- Strategien für das Aufwachsen im Wohlergehen -
Präambel
Armut bedeutet für Mädchen, Jungen und Jugendliche mehr als das Leben in einer einkommensarmen Familie. Gesundheitliche Benachteiligung sowie fehlende Teilhabemöglichkeiten an Bildung, Kultur, Sport und Freizeitaktivitäten sind häufig Folgen von Armut. Der Landkreis Peine verfolgt das Ziel, Teilhabegerechtigkeit und gleiche Entwicklungschancen für alle Kinder zu schaffen, unabhängig von der wirtschaftlichen Situation der Eltern oder anderen benachteiligten Faktoren. Die Leitlinie stellt dabei einen wichtigen Schritt dar, um die Rahmenbedingungen für die kindheitsbezogene Armutsprävention zu verbessern und sie markiert Grundzüge für ein Aufwachsen im Wohlergehen.
1. Sensibilisierung für Kinderarmut
Sensibilisierung für Kinderarmut bedeutet, Kinderarmut wahrzunehmen und sie in das Denken und die Handlungen von Politik, Verwaltung, Kindertagesstätten, Schulen, sozialen Einrichtungen und schon bestehenden Netzwerken einfließen zu lassen.
2. Soziale Teilhabe sicherstellen
Jedem Kind muss zu seiner Entfaltung die Möglichkeit der sozialen Teilhabe gegeben werden. Die Teilnahme an schulischen und außerschulischen Aktivitäten, z. B.an Sport oder kulturellen Angeboten, darf nicht am Familieneinkommen scheitern. Um Kinder vor Armutsrisiken zu schützen, soll es - über die im Bildungs- und Teilhabepaket enthaltenen Leistungen hinaus - in Vereinen und anderswo niedrigschwellige Angebote mit Teilhabechancen für Eltern und Kinder geben.
3. Frühe Förderung - Angebote für alle
Die frühe Förderung für Familien und die frühen Hilfen haben positive Wirkungen für die Armutsprävention; sie stellen ein Angebot für alle Kinder und deren Eltern dar. Inhaltliche Schwerpunkte sind u. a. die Familienzentren mit einer Stärkung der Erziehungskompetenz der Eltern, die Elterncafés sowie die Babybegrüßungsbesuche und -pakete. Die frühen Hilfen bieten erweiterte Möglichkeiten des sozialen Lernens; sie fördern auch die unterschiedlichen sprachlichen, motorischen, kreativen, emotionalen, psychischen und geistigen Fähigkeiten.
4. Bildung ermöglichen
Bildung ist ein entscheidender Baustein bei der Prävention von Kinderarmut.
Für eine gute Bewältigung von allgemeinen und besonderen Lebensaufgaben haben die Ausgewogenheit der eigenen Gefühle und eine hohe Selbststeuerungskompetenz grundlegende Bedeutung. Da diese in den ersten Lebensjahren angelegt werden, ist der Persönlichkeitsbildung im Elementarbereich ein besonderer Stellenwert zuzumessen. Hierfür bilden positive und sichere Bindungserfahrungen die Grundlage. Diese gilt es in geeigneter Weise in Familien, Kindertagesstätten und Grundschulen unterstützend zu implementieren.
Die frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung, der Besuch von Kindertagesstätten und der gelungene Übergang in die Grundschule sind wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Schullaufbahn. Bildungsstätten müssen so ausgestattet sein, dass Kinder und Jugendliche individuell gefördert, leistungsbezogen gefordert und zu einem qualifizierten Schulabschluss geführt werden. Jedes Kind und jeder Jugendliche soll seine Entwicklungspotenziale ausschöpfen können. Die Eltern erhalten in ihrem Bemühen, das Aufwachsen ihrer Kinder gut zu bewältigen, bei Bedarf Unterstützung.
5. Jugendliche ins Erwerbsleben begleiten
Von Armut betroffene Kinder bedürfen häufig in besonderer Weise der Ermutigung, der Unterstützung und Begleitung für ihre Berufsorientierung. Diese Begleitung und Unterstützung muss im Schulkontext beginnen und weit darüber hinausgehen. Dafür werden dauerhafte und verlässliche Strukturen für den Prozess der Berufsfindung und für die Organisation der Übergänge von der Schule in den Beruf benötigt.
6. Gesundheit fördern
Bewegung spielt für die gesunde Entwicklung von Kindern eine zentrale Rolle. Über Bewegung entwickeln Kinder Lebenskompetenzen und ein soziales Miteinander. Die Schuleingangsuntersuchungen sowie die Untersuchungen der 4-jährigen im Kindergarten weisen immer wieder auf motorische Probleme und auf Bewegungsauffälligkeiten, auch auf adipöse Kinder, hin. Als Risikofaktoren werden in den jährlichen Berichten Erwerbslosigkeit und Bildungsferne benannt. Gesundheitsfördernde, integrative und inklusive Bewegungsangebote zur vielseitigen, ganzheitlichen Bewegungsförderung von Kindern im Vorschul- und Grundschulalter sollen in Kooperation mit dem Kreissportbund Peine und seinen Sportvereinen auf- und ausgebaut werden. Auch eine bewegungsanregende Planung und Gestaltung des öffentlichen Raumes trägt dazu bei, das Thema Gesundheit im Bewusstsein von Kindern und Familien zu verankern.
7. Kein Kind ohne Mahlzeit - Essen für jedes Kind
Jedes Kind soll die Möglichkeit haben, in der Kindertagesstätte und in der Schule am Mittagessen teilzunehmen. Das Bildungs- und Teilhabepaket sowie darüber hinaus ein unbürokratisches Handling über einen Schulfond oder über die Bürgerstiftung sichern und ermöglichen dies.
8. Beteiligung von Mädchen, Jungen, Jugendlichen und deren Eltern
Mädchen, Jungen, Jugendliche und deren Familien sind Experten in eigener Sache. Der Dialog ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Teilhabe. Armutsbetroffene und armutsgefährdete Kinder und Jugendliche sind bei Planungen und Vorhaben, die sich aus dieser Leitlinie ergeben, in angemessener Weise zu beteiligen. Dazu müssen die vorhandenen Beteiligungskonzepte überprüft und weiterentwickelt werden.